Sonntags am Strand, oder: Irgendwer hat immer Geburtstag

7 Mai 2017

Endlich Wochenende. Endlich Sonntag. Sonntag wäre eigentlich ideal, um den ganzen Tag am Strand abzuhängen. Eigentlich… denn so wie ich denken wohl auch die restlichen 90.000 Seychellois und beginnen bereits zu früher Stunde mit einer verbesserten Handtuch-Liegen-Reservierungstaktik. Statt einfach nur mit Strandmatten wertvollen Platz am Wasser zu sichern, bringen sie gleich ganze Gartenmöbelgarnituren mit, die sie geschickt platzieren, um wertvolles Terrain zu sichern. Das reicht nicht aus, das Motto heißt: Zu Land, zu Wasser und in der Luft. Uns so baumeln überall in luftiger Höhe zwischen den Palmen mehr oder weniger tiefhängende Leinen, die einem beim unachtsamen Strand-Begehen auch schon mal die Kehle durchtrennen können, wenn… wenn ja wenn nicht x Luftballons mit grellen Farben und Zahlen dort im Wind spielen. Daneben flattern neonfarbene Spruchbänder oder auch einfach nur Glitzer-Glitter-Buchstaben, die beim näheren Hinsehen „Happy Birthday“ bedeuten können. Ein p zu wenig macht uns nicht weniger glücklich und an dem falsch herum aufgehängten Ypsilon hängt sich keiner auf, bzw. daran stört sich kein Mensch.

Um halb elf die nächste Aktivitäten-Salve: Alte, aufgeschlitzte Fässer werden herbeigeschleppt. Damit nicht genug. Mehr oder weniger starke Halbstarke wuchten riesige Säcke herum, die hier auf der Insel gunnybag genannt werden. Darin ist Eis. Mir ist völlig schleierhaft, wer unter welchen Umständen auf einen Schlag so viele Eiswürfel produzieren kann, sodass sich diese alten Fässer wie von Zauberhand damit füllen. Und um elf kommen dann auch eindeutig zweideutige Getränke in diese Eissärge hinein. Bier wäre harmlos, meist sind es hochprozentige Gesöffe wie Rum oder Calou oder Bacca.

Soweit so gut!

Doch dann – gegen halb zwölf – wird es noch eine Stufe ernster: Unter den Happy-Birthday-Buchstaben schnarrt es merkwürdig. Nein, es sind nicht die trouloulou – die Strandkrebse – die sich brummend ein Loch in den weißen Sand buddeln. Es sind Notstromaggregate, die allmählich ihre Arbeit aufnehmen, um dann pünktlich zum Mittagessen die Beschallung aus kühlschrankgroßen Lautsprecherboxen vorzunehmen. Wäre alles gar nicht so schlimm, gäbe es nicht zwei Probleme – GRAVIERENDE Probleme: 1) Alle am Strand anwesenden Festgemeinden – und davon gibt es mittlerweile vier – haben ihre eigenen Musik-Präferenzen. Aus der einen Ecke dudeln karibische Reggae-Rhythmen, aus der anderen kommen vertraute Sega-Tänze, in der Mitte prasseln Country-Melodien auf uns ein und dazwischen – irgendwo dazwischen – knallt aggressiver Afro-Rap aus den Büschen.

Spätestens jetzt wäre ich schon längst geflüchtet, wäre da nicht dieser hinreißende Duft nach gegrilltem Fisch. Ich gehe auf die Pirsch und entdecke einen Feuerstelle, die mit einer alten Waschmaschinen-Trommel upgegradet wurde. Sie dient nun als Grill für Makrelen. Das unbeschreibliche Aroma macht mich fast ohnmächtig…

Doch dann plötzlich Geschreie, Gezeter, Gebrüll – zwei Party-Gemeinden liegen miteinander im Clinch und schreien sich mächtig an. Flaschen (leer oder voll? Ich hoffe leer… erst Seybrew, dann Takamaka-Rum), die vorher nur mehr oder weniger züchtig in der Runde gekreist sind, fliegen jetzt im hohen Bogen. Die Lutballons zerplatzen. Zwei Geburtstagsparties geraten völlig aus dem Ruder. Das sieht nicht gut aus… gar nicht gut. Spätestens jetzt suche ich das Weite.

PS: Auch ich habe heute Geburtstag – ich bleibe lieber auf der Terrasse und bin froh, dass wir den indischen Bautrupp da unten an der Biegung der Straße überzeugen konnten, ausnahmsweise heute mal nicht mit dem Presslufthammer die Felsenarbeiten fortzusetzen. Himmlische Stille. Der Regen ist meine Musik. Mir geht es gut.