Wenn Patsy von der Schule nach Hause kommt, dann ist sie erschöpft. Als Lehrerin hat sie alle Hände voll zu tun, und wer einmal die quirligen seychellischen Kinder kennengelernt hat, der weiß, wie kräftezehrend es ist, sie zu bändigen.
Nachdem Patsy ihren Feierabend mit einer Tasse Tee eingeläutet hat, kehren ihre Lebensgeister wieder zurück und sie beginnt, das Abendessen zu planen. Steven, ihr Mann, der als Holzfäller Schwerstarbeit leistet, ist auch soeben nach Hause gekommen und ist mit ihr einer Meinung: Es muss etwas auf den Tisch, das die verbrauchten Energien zurück bringt. Schnell einigen sich beide. Heute Abend gibt es zur Stärkung bouyon bred: den klassischen seychellischen Suppeneintopf mit Brühe, Fisch und eben diesem bred – was aber nichts mit dem englischen bread oder Brot zu tun hat, sondern ein Sammelbegriff für junges Grünzeug ist. Sämtliche Sprossen, Triebe, Schösslinge finden sich darunter wieder, egal ob Kohl, Spinat oder Kürbisranken. Doch heute soll nichts von alledem das Schöpfgericht anreichern. Heute kommt etwas ganz besonderes und traditionsreiches auf den Tisch: Moringa, das auf den Seychellen bred mouroung heißt oder auch als bred ti fey bekannt ist, weil das Gewächs mit ganz kleinen, zarten Blättchen (petites feuilles) punktet.
In unserem Breiten kennen wir dieses eigenartige, scharf riechende Gewächs nicht, aber vor allem von Indien bis Afrika ist diese zähe, widerstandsfähige Pflanze weitverbreitet. Auf den Seychellen schwören die Einheimischen schwören auf die reinigenden und Energie spendenden Kräfte des Baumes. In den USA gibt es längst einen Hype um Moringa, wo das Nährstoffwunder in Pulver und Kapseln gefeiert wird. Denn es soll nicht nur ein Power-Food, sondern auch ein Schlankmacher sein. In Deutschland ist Moringa erst langsam im Kommen, dennoch: Es wird Zeit, dass wir der Sache auf den Grund gehen. Die Seychellen sind der richtige Platz dafür.
Wer hätte das gedacht, dass ausgerechnet bred ti fey ein Top-Spieler in der Protein-Liga ist? Moringa liefert hochwertiges pflanzliches Eiweiß und ist somit besonders bei Vegetariern und Veganern ein Objekt der Begierde. Bis zu einem Drittel bestehen die Blättchen aus Eiweiß! Besonders pikant – der Geschmack Nicht umsonst heißt der Moringabaum auch Meerettichbaum. Er ist nämlich ein echter Scharfmacher, denn in ihm steckt eine ordentliche Ration an Senfölen. Diese bittere Wahrheit ist keine schlechte, sondern eine gute Nachricht für alle, die auf ihr Gewicht achten. Bitterstoffe sind natürliche Appetitzügler, regen die Verdauung an und heizen dem Fettstoffwechsel ein. Außerdem ist Moringa ein Füllhorn an Fettsäuren vom Feinsten! Unser seychellischer Wunderbaum ist nämlich eine Tankstelle für Hochleistungstreibstoff: Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Wer jetzt denkt: „Igitt, Fett! Das macht doch erst recht dick!“, der liegt völlig falsch. Denn die besagten Fettsäuren sind gute Fette – wichtige Helfer für eine schlanke Linie, für einen fitten Körper und für mehr Energie! Und genau darauf setzen Patsy und Steven, wenn sie sich heute bred ti fey zubereiten.
Das Beste an bred ti fey ist: jeder auf den Seychellen hat einen kleinen Busch davon oder gar einen ausgewachsenen Baum in seiner Nähe stehen – entweder im eigenen Garten oder als Begrenzung zum Nachbarn; entweder als Hecke rund ums Haus oder einfach an der nächsten Straßenkreuzung. Während Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer erst in Öl angebraten wurden und dann in Brühe weichdünsten dürfen, während nebenher ein schönes Filet vom karang-Fisch in der Pfanne brutzelt, eilt Steven nach draußen und bricht sich im hereinbrechenden Dunkel der Nacht flugs drei, vier Äste vom Baum, der seine Hofeinfahrt ziert. Zugegeben, es ist schon etwas mühselig, die kleinen Blättchen von den Zweigen abzuzupfen, aber es lohnt sich! Ansonsten gibt es einen seychellischen Hausfrauentrick, der viel Arbeit und Zeit spart: Frisch gepflücktes bred ti fey in eine große Plastiktüte stecken und ab damit ins Gefrierfach! Wann immer dann die Blättchen gebraucht werden, Beutel wieder rausnehmen und einfach kurz schütteln. Die tiefgefrorenen Blättchen fallen dann ratzfatz ab.
Mittlerweile ist es stockdunkel, aber in der Küche von Patsy und Steven strahlt ein warmes Licht und erst recht strahlen ihre Gesichter! Ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit und Harmonie durchflutet den Raum. Es duftet hinreißend nach knusprigem Fisch, nach Suppe, die mit der Welt versöhnt und nach bred ti fey, würzig und deftig! Auf dem Tisch steht bereits zusätzlich ein großer Topf mit dampfendem Reis, daneben eisgekühltes Seybrew – ach, wie gut tut der erste Schluck Bier! Gleich gibt es Abendessen, so herrlich einfach, so lecker und so gesund – genauso schmecken die Seychellen!
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bouyon bred ti fey (für ca. 2 Portionen)
300 g karang-Fischfilet, falls nicht vorhanden: irgendein anderer filetierter Fisch
500 g bred ti fey (gezupfte Blätter), falls nicht vorhanden: Pak-Choi-Chinakohl, geputzt und in feine Streifen geschnitten, zur Not frischer Blattspinat oder Mangold
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
1 Zwiebel, fein gehackt
1 Stück Ingwer, ½ Daumen groß, fein gehackt
¾ Liter Gemüse- oder Hühnerbrühe (wer es ganz besonders deftig mag, nimmt Fischfond)
Öl und Salz
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Fischfilet in etwas Öl kurz und scharf in einer Pfanne anbraten, salzen, vom Feuer nehmen und ruhen lassen. In einem größeren Topf Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer in etwas Öl glasig dünsten. Dann Gemüse (bred oder andere Spinat- oder Kohlsorte) hinzufügen, umrühren, ziehen lassen. Anschließend gebratenes Fischfilet oben auflegen, nicht mehr umrühren und mit Brühe aufgießen. Deckel daraufgeben und ca. 10 bis 15 Minuten ziehen lassen.
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Wichtig: Als Beilage unbedingt Reis servieren,
denn auf den Seychellen gilt: Ein Essen ohne Reis ist kein richtiges Essen!
Eigentlich war es nichts anderes als Fernweh und die Suche nach dem perfekten Inselidyll, was Heike Mallad auf die Seychellen brachte: 1998 verbrachte sie zum ersten Mal eine Woche auf den Trauminseln im Indischen Ozean.