Category: Wissenswertes über Land und Leute

Dem Himmel so nah: Von Satellitenstationen, Radiosendern und einer Reise zum Ich

5. November 2017

Eine der ersten interessanten Bekanntschaften, die ich auf den Seychellen machte, war die mit den Gebrüder Anthony und dem Amerikaner Keith. Und obwohl die Anthonys oben in den Bergen in La Misère wohnten und Keith unten am Meer in der Anse La Mouche das Anchor Café betrieb  – beide hatten eine Menge gemeinsam. Es verband sie die IOS : die Indian Ocean Tracking Station, eine Art tropische Sternwache, die sich vor allem auf die Beobachtung von Satelliten spezialisiert hatte. Oder wie sagte doch ein Presse-Text im O-Ton: “Its location was ideal for communicating with geosynchronous satellites over the Indian Ocean. The station was also geographically suited for acquiring realtime or near-realtime data from passes over areas to the north.”

Hervey und Francis Anthony betrieben ein kleines Pub in unmittelbarer Nähe der Satellitenstation, in der Keith seinen Dienst schob. Doch eines schönen Tages war Schluss mit dieser Idylle. Es war im August 1996 und die seychellische Regierung krebste mit ihrem Staatshaushalt am unteren Ende kurz vor dem Bankrott herum. Da kam den Politikern auf Mahé eine segensreiche Idee. Sie dachten sich, dass sie die Pacht für das Gelände der Satellitenstation einfach „nach oben anpassen“, um damit ihre Staatskasse zu füllen. Vom Hörensagen bekam ich mit, dass angeblich die Mietforderungen an die Amerikaner mehr oder weniger verdoppelt worden waren und für die Satellitenstation sage und schreibe mehr als 10 Millionen US-Dollar pro Jahr in Rechnung gestellt werden sollten. Das passte den Amerikanern nicht. Das passte ihnen ganz und gar nicht! Und so sollen sie quasi über Nacht das Areal verlassen haben – ohne vorher ein Wort zu sagen. Man munkelt, sie hätten sogar ihr Bier nicht ausgetrunken, und auf den Tischen standen noch Reste vom Abendessen – kalte Pommes und eine offene Ketchup-Flasche. Danach war die Satellite Tracking Station in ihrer ursprünlichen Mission Legende. – Keith jedoch blieb auf der Insel – zum Glück! – und eröffnete das Anchor Café in der Anse La Mouche im Südwesten Mahés.

Eine ähnlich bewegte Geschichte hat die so genannte Feba-Station hinter sich: Die englische „Far Eastern Broadcasting  Associates“ unterhielt einen kleinen Radiosender oben in Sanssouci – kurz bevor die Bergstraße von Victoria kommend die kleine Anhöhe vor dem Einstieg zum Copolia-Wanderweg erreicht. Auf einem kleinen Hanggrundstück hoch über Hauptstadt und Hafen wurde hier 1968 die Sendestation eingerichtet, die später als Feba Radio bekannt wurde und ihr Programm eher an christlichen denn an politischen oder ökonomischen Werten und Inhalten ausrichtete. Ihr Markenzeichen: Nirgendwo sonst außer hier auf den Seychellen befanden sich die Antennen-Anlagen offshore, ca. 1 km draußen im Meer. Leider kam dann Mitte der 1970er auch schon wieder das Aus für diese Anlage. Grund war die Ölkrise und die steigenden Energiekosten, die ein Betreiben dieser kleinen Radiostation unmöglich machten.

Ein wenig wehmütig mag man auf diese “guten alten Zeiten” zurückblicken, in denen die Seychellen fast noch jungfräulich, fast noch unerreichbar waren. Wie viel hat sich doch seit jeher ge- und verändert. Während ein reicher Araber – genauer gesagt: Scheich Khalifa, Oberhaupt der Vereinigten Arabischen Emiraten –  in den Höhen von La Misère nach den Sternen greift und sich dort mit einem bombastischen Palast aus 1001er Nacht ein Denkmal gesetzt hat, strahlen in der ehemaligen Radiostation ganz andere Licht- und Energiequellen:

 

(Bildquelle: „The Station“ Retreat Hotel)

Ein kleines Hotel namens „The Station“ schmiegt sich ins Grün. Hoch oben über dem Meer mit seinen unzähligen, immer glitzernden Wasserdiamanten steht das Hamsterrad des Alltags still. Hier funkeln Körper, Geist und Seele – es gibt Yoga und Meditation, Spa-Wellness und Selbsterfahrungskurse im Einklang mit der Natur.

(Bildquelle: „The Station“ Retreat Hotel)

Hoch auf den Inselhängen schwebend lassen sich alle Sorgen des Alltags vergessen und in tropischer Harmonie zwischen Himmel und Wasser neue Kraft und Inspiration tanken.

So muss er sein, der Himmel auf Erden. So fühlt es sich wirklich an: das Paradies!

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Hotel „The Station“ – Sanssouci – Mahé


“Die exklusive Inspirationsreise – ein „HeldenKurs“ auf den Seychellen“

6 Tage für innere Stärke, Klarheit und Gelassenheit
11. bis 16. März 2018 – 11. bis 16. November 2018

Kontakt: Elke Groeger – www.seychellen-lebensfreude.de

Seychellische Plagegeister – mögliche Krankheiten und ihre Erreger

9. September 2017

Als ich früher noch ein kleines Mädchen war und mein Papa mir aus dem Dschungelbuch vorlas, da konnte ich mir nicht vorstellen, wie der kleine Junge Mogli ohne Beistand im Urwald überlebte. War das nicht sehr gefährlich, lauerten nicht überall Gefahren und Krankheiten? – Heute weiß ich: Es gibt tatsächlich ein Fleckchen auf dieser Erde, wo es (fast) ähnlich sorgenfrei zugeht: die Seychellen. Denn aggressive Wildtiere, giftige Spinnen oder Schlangen gibt es keine. Auch von bösartigen Tropenkrankheiten bleiben die Seychellen verschont. Heile Welt, oder? Richtig, gäbe es da nicht einige Plagegeister, die mir bisweilen ganz schön zu schaffen machen. Obwohl ich keine Medizinerin bin und natürlich keine Haftung für meine Ratschläge übernehmen kann, denke ich: Es wird nicht schaden, meine Erfahrungen zu teilen – zumal ich alle, die ins Paradies reisen, mit ein paar einfachen Tipps und Ratschlägen vor dem bewahren will, was mein beinahe kreolischer Nachname (Mallad) zum Ausdruck bringt: malad – krank werden.

Schauen wir also hinter die wunderschönen Kulissen, in denen sich die seychellischen Plagegeister verstecken. Eine der wichtigsten seychellischen Volksweis­hei­ten besagt: „Hast Du Ratten, dann hast Du keine Mos­kitos. Hast Du Moskitos, dann hast Du keine Ratten.“ – Auch wenn es traurig ist, aber genauso ist es.

Beide nerven.

Die nervigsten sind für mich, die ich im Busch wohne, mit Sicherheit die Ratten. Die gute Nachricht: In den großen Hotels lassen sich Ratten eher weniger blicken (zumindest kriegt man dort von ihnen als Tou­rist so gut wie nichts mit), in den kleinen guesthouses machen sie sich bisweilen mit ihrem nächtlichen Getrappel bemerkbar. Zwar sind die kreolischen Ratten nicht mit den Aasfressern euro­pä­i­scher Breitengrade zu vergleichen, aber ähnlich wie diese übertragen sie Krankheiten, die tödlich en­den können. Deswegen Vorsicht an kleinen Wasserlöchern, Pfützen oder wenig sauber wirkenden Rinnsalen. Bitte meiden und nicht hineintreten, schon gar nicht barfuß! Hier könnte nämlich Leptospirose lauern – eine Infektionskrankheit, die die Erreger „Leptospira“ auslösen.  Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit den infizierten Tieren (hauptsächlich deren Urin) über damit verunreinigtes Wasser. Durch kleine Hautverletzungen oder über die Schleimhaut kann der Mensch sich mit dem Erreger anstecken. Was dann kommt, klingt wenig verheißungsvoll: Nach vordergründig wenig bedenklichen Symptomen wie Grippe-Gefühl und Gliederschmerzen folgen Fieber und Bindehautentzündung, außerdem schwere Leberschädigungen und/oder Nierenversagen. – Das Problem: Eine wirksame Therapie (z.B. mit Penicilin) ist nur im Anfangsstadium der Krankheit möglich, also nur einige, wenige Tage nach Ansteckung. Daher schwache Symptome ernst nehmen – vor allem dann, wenn vorher ein Kontakt mit brackigem Gewässer/Abwasser gegeben war, dann sofort einen Arzt konsultieren!

Warum ich das so eindringlich beschreibe? Es war vor wenigen Jahren, als wir ganz plötzlich Max Faure verloren. Unser liebgewonnener Nachbar, der uns stets regelmäßig mit kalou versorgte, ein baumlanger, bärenstarker und vor Kraft strotzender Kerl, war binnen weniger Wochen tot. Eine kleine Verletzung am Fuß, die er sich mit einer zu scharfen Machete zugefügt hatte und ein Marsch durch unwegsames matschiges Waldgelände mit etlichen zwielichtigen Feuchtbiotopen wurden ihm zu Verhängnis. Eigentlich wollte er Gummistiefel tragen, doch die waren kaputt und mit Größe 47 war es ihm so gut wie nicht unmöglich, auf den Seychellen geeignetes Schuhwerk zu finden.

Ich jedenfalls halte mich von wenig hygienischen Wasseransammlungen fern, aber das ist ja eigentlich keine große Kunst, bei all dem herrlich klaren Meerwasser um mich herum!

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Fernhalten kann ich mich aber kaum von den Moskitos. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sie förmlich nach frischem Blut aus der nördlichen Halbkugel lechzen. Besonders nach den Regengüssen, wenn die Luft dampfig und feucht ist, oder aber wenn mal wieder das Deo versagt und der Schweiß in Strömen rinnt, dann fallen sie über mich her. Besonders aktiv sind sie morgens und abends in den Übergangstunden der Dämmerung (jeweils zwischen sechs und sieben). Da hilft nur eines: ein sog. „Repellent“, ein Mückenabwehrspray – und zwar eines, das wirklich wirkt und die surrenden Störenfriede fernhält, z.B. Antibrumm, No bite oder Peaceful Sleep (auf den Seychellen erhältlich). Ebenso wirksam sind die sog. „Mosquito Coils“ – spiralähnliche Räucherstäbchen, die lange glimmen und einen Duftqualm absondern, den die Moskitos so überhaupt nicht mögen. – Sollten sie doch mal zu heftig zugestochen haben, lindert frische Aloe Vera, die z.B. in so manchem Blumenkübel angepflanzt wird, mit ihrem schleimigen Gel den Juckreiz. Natürlich leisten auch Soventol oder Fenistil (auch in einigen seychellischen Apotheken erhältlich) treue Dienste. Ein einfaches Gegenmittel gegen die Blutsauger ist auch ein schnell drehender Ventilator, doch dann sollte man für alle Fälle Medikamente gegen Grippe und Halsweh in der Hinterhand haben… denn treffen zu viel Wind und Kühle auf den tropisch erhitzten Körper, ist die Gefahr groß, dass sich eine saftige Erkältung heranschleicht. Und spätestens dann stellt sich die Frage, ob nicht ein Moskito-Stich (der übrigens weniger lang juckt als in Deutschland), nicht das geringere Übel ist.

Ein bisschen kritischer ist die Lage, wenn bei den Moskitos auch noch die Gattung der Asiatischen Tigermücke mitmischen darf, denn diese besonders fiesen Viecher können (wohlgemerkt: können, müssen aber nicht) das Dengue-Fieber und den Chickungunya-Virus übertragen. Zunächst merkt man eigentlich gar nichts, verdächtig wird die Sache allerdings dann, wenn sich eine auffällige, völlig grundlose Müdigkeit breitmacht und man meint, eine Grippe sei im Anmarsch. Schön wär’s, denn mit beiden Tropenkrankheiten ist nicht spaßen, machen sie doch einem mit bleiernen Gliedern und heftigen Gelenk- und Muskelschmerzen zu schaffen. Der Arzt wird dagegen die Klassiker wie Paracetamol und Ibuprofen verabreichen. Und ansonsten zu Bettruhe und reichlichem Trinken mahnen – natürlich nur Wasser und Tee, nicht aber Seybrew oder gar Takamaka-Rum!

Weniger lästig, aber sehr schmerzhaft ist die Begegnung mit dem sog. Centiped – dem Hundertfüßler. Dieses Vieh liebt vor allem das weniger saubere Ambiente und schlängelt sich gern mal an Stellen wie Mülleimern herum. Da kann man ihm getrost aus dem Wege gehen. Blöd nur, wenn er sich z.B. über Nacht in getragene und abgelegte Klamotten einnistet und dann zubeißt, wenn man sich anziehen will. Der Biss sticht und brennt höllisch, die betroffene Stelle schwillt an. Wenn irgendwie möglich, sofort kühlen. Die Einheimischen reiben dann die Haut mit einer aufgeschnittenen halben Zwiebel ein und würzen das Ganze anschlie­ßend mit einer saftigen Limette. Wer beides nicht zur Hand haben sollte, überwinde (falls nötig) seinen inneren Schweinehund und nutze den kör­per­eigenen Saft Urin zum Desinfizieren. Un­glaub­lich, aber wahr – sofort lässt der Schmerz nach. Gleiche Rezeptur hilft im Übrigen auch, wenn einen die mous zonn (die aggressiven leuchtend-gelben Wespen) erwischen oder bei dem versehentlichen Kontakt mit den vereinzelt auftretenden See­igeln (z.B. in der Anse Forbans oder weiter draußen in der Anse Royale)…

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… und manchmal kommen ganz vereinzelte Quallen oder nesselndes Plankton, das beim Baden hin und wieder ganz merkwürdig auf der Haut pikst. Ver­gleichbar ist dieses Stechen und Brennen mit dem Biss der maket, der großen schwarzen Wald-Ameise. Sie ist aber nur dann aggressiv, wenn sie sich extrem gestört fühlt. Oft genug vergesse ich bei der Gartenarbeit, dass sich diese nützlichen Tiere in alten verrotteten Ko­kos­schalen einnisten, die gemeinhin als Blu­men­dünger oder Einfassung von Stauden verwendet. – Deswegen mein Tipp an alle, die sich wie Tarzan und Jane fühlen und auf der Suche nach frischem Kokos-Genuss am Strand sind nach einer herabgefallenen Nuss bücken: Bitte vorsichtig und mit Respekt vor den Wald-Ameisen hochheben, kurz drüber pusten, damit sie sich notfalls verflüchtigen und dann erst öffnen.

Am Stand lauert noch ein anderes, fast unsichtbares Biest, bei den Einheimischen bekannt als Sand Fly – in der Mehrzahl Sandmücken, fälschlicherweise immer wieder als Sandflöhe übersetzt. Von der Existenz dieser kleinen schwirrenden Tierchen, die der Insider als Phlebotomina kennt, bekommt man dann erst etwas mit, wenn es zu spät ist. Es sind die Weibchen, die sich unbemerkt eine leckere Mahlzeit aus Blut und Lymphe einverleiben und dazu mit ihren Mundwerkzeugen die Haut anritzen. Dies führt zu juckenden Pusteln. Wer daran rumkratzt, darf mit noch stärkeren, nässenden Schwellungen und schlimmstenfalls mit Infektionen rechnen. Was also tun? Am besten nichts, das ist leichter als getan. Die wirksamste Vorbeugung ist, diejenigen Strandabschnitte zu meiden, an denen Sand Flies auftreten, und das sind Regionen, in denen Seegras angeschwemmt wurde und die perfekte Unterlage zur Eiablage bildet. Zur Not dicke Handtücher unterlegen und Abwehrspray mit DEET verwenden. Sollte es dennoch zu Bissen kommen, dann kühlen und mit juckreizlindernden Mitteln behandeln. Ich schwöre auch auf Teebaumöl und Tigerbalsam. Wenn gar nichts anderes hilft, dann in einer der kleinen „clinics“ (keine Kliniken, sondern ärztliche Versorgungsstationen in den größeren Buchten) vorsprechen. Dort gibt es z.B. Caladryl bzw. Calamine – eine Lotion basierend auf Zinkoxidpulver, das mit einer kleinen Menge Eisen(III)-oxid eingefärbt ist. Die Inhaltsstoffe, vergleichbar mit stark konzentrierter Penatencreme, trocknen die Pusteln aus und lindern den Juckreiz.

Was mich derzeit am allermeisten quält, ist eine kleine, fast unscheinbare Raupe: senir plim – der Seidenspinner, dessen giftige Härchen in alle Winde verteilt über die Inseln fliegen und heftige allergische Reaktionen auslösen – allerdings nicht bei jedem mit gleich schlimmen Verlauf. Zunächst beginnt es mit einem pickeligen Hautauschlag an den Unterarmen. Als ich das erste Mal davon betroffen war, dachte ich zunächst an eine Moskitoinvasion oder Sand Fly-Attacke. Doch dann kamen größere, dickere Pusteln an den Weichteilen wie Bauchfalten und Pobacken dazu. Nachts juckte es besonders schlimm und ich konnte nicht aufhören zu kratzen. In der Regel gibt es dann noch rote breitflächige Juckstellen am Nacken. Wenn Fenistil nicht hilft, dann könnte eine höher dosierte Hydrocortison-Creme Linderung verschaffen. Will es nicht besser werden und kommen noch andere allergische Reaktionen dazu (z.B. Anschwellen der Schleimhäute, Hitzeschübe, Schüttelfrost und Fieber bis hin zu Atemnot), dann wird es ernst. Bei mir hilft, sobald ich die ersten Anzeichen merke, ein Antihistaminikum (z.B. Cetirizin oder Telfast). Außerdem haben mir Arzt und Apotheker ein Notfallset zusammengestellt, basierend auf Prednisolon. Dieses wird übrigens auch in den kleinen Krankenstationen und Lazaretten vor Ort verabreicht. – Vor den Raupenhärchen kann man sich leider überhaupt nicht schützen, denn sie sind über Monate und Jahre hinweg noch „aktiv“. Wer mehr wissen will, findet zusätzliche Informationen in meinen weiteren Blog-Posts über den Seidenspinner senir plim.

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(Danke, Rainer Bauerdick, dass Du es riskiert hat, das Biest vor die Linse zu kriegen…)

Jedes Mal, wenn mich die Raupen-Dermatitis erwischt, leide ich sehr, doch dann denke ich mir: Es könnte schlimmer kommen. Auf den Seychellen gibt es keine Malaria, kein Gelbfieber, keine Raubtiere. Also alles paradiesisch und sicher. Obwohl…  Raubkatzen gibt es offenbar doch, zumindest eine, meine Schwarze… die tut meist ganz unbeteiligt, schleicht sich scheu auf die Terrasse und labt sich an den Essensresten.

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Doch heute strich sie mir zwar sanft um die Beine, aber danach sprang sie schwups auf den Küchentresen, wo ich einen tiefgefrorenen Fisch auftauen wollte…aber der ist jetzt Geschichte.

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Auf einen Blick:

Die „Viererbande“ gegen Plagegeister – eine Basis-Ausstattung

  • Mücken-Repellent mit DEET (z.B. Anti-Brumm, No Bite, Peaceful Sleep)
  • Salbe gegen Stiche und Juckreiz (z.B. Soventol, Fenistil, Hydro-Cortison)
  • Schmerzmittel (z.B. Ibuprufen und Paracetamol)
  • Anti-Allergikum/Anti-Histaminikum (z.B. Cetirizin, Telfast)

Mit in die Reiseapotheke sollten auch:

  • Große Pflaster, am besten auch die „water proof“-Edition
  • Desinfektionsspray
  • Lokal-Antibiotikum für stark blutende Wunden, z.B. Tyrosur-Puder
  • Mittelchen gegen „Klimaanlagen-Erkältung“ (z.B. Grippostad, Dorithricin etc.)
  • Hilfe gegen Durchfall (z.B. Immodium), aber keine Sorge – das Wasser aus dem Hahn ist trinkbar! Abkochen ist allerdings im Zweifelsfalle für unsere überzivilisierten Mägen besser. Und wenn sich doch mal ein Diarrhoe-Desaster anbahnen sollte, dann liegt es meist an einem scharfen kreolischen Essen, z.B. an einer ordentlichen Portion „piman“ (Chili) oder einem feurigen „kari“ (Curry-Gericht).

Last but not least: Wer Insel-Hopping macht, mit der Fähre „Cat Cocos“ zwischen den Inseln pendelt und schnell seekrank wird, sollte vor allem in den Monaten des Südost-Monsuns (Mitte Mai bis Mitte Oktober) etwas gegen Übelkeit/Reisekrankheit mit dabeihaben.

THEMA „IMPFSCHUTZ“
WICHTIG: Für die Einreise der Seychellen ist KEINE PFLICHTImpfung oder Malaria-Prophylaxe zwingend vorgeschrieben. ABER: Wer mit der Ethiopian Airlines einreist und eine gewisse Verweildauer (12 Std. oder mehr, Stand: Veröffentlichungsdatum BlogPost) im Transit-Bereich in Addis Abbeba hat, muss damit rechnen, dass man  am Immigration -Schalter auf Mahé/Victoria Airport nach einer gültigen Gelbfieber-Impfung fragt, bzw. diese dann auch tatsächlich nachweisen kann. Bitte hierzu direkt die Fluglinie bze. dieientsprechenden Reisehinweise konsultieren. – Ansonsten ist es empfehlenswert, eine Kopie seines deutschen Impfpasses dabei zu haben, in dem vor allem eine noch gültige Tetanus-Impfung ausgewiesen ist. Sollte nämlich dennoch mal was passieren, z.B. größere Platzwunde oder Schnitt, dann kann der behandelnde Arzt mit eine Blick sehen, dass kein stationärer Aufenthalt nötig wird, keine zusätzliche (Über)Impfung verabreicht werden muss und alles mit einem professionellen Verband und ggf. Antibiotika erledigt ist.  Ebenso ist es sinnvoll (übrigens wie überall auf der Welt), ausreichend gegen Hepatitis geschützt zu sein. Hier helfen Arzt und Apotheker mit einer entsprechenden Beratung vorab.

APOTHEKEN VOR ORT – ein subjektive Auswahl für Mahé:
1) Behan’s Pharmacy – in der Nähe des Busbahnhofs in Victoria
2) D’Offay’s Pharmacy – im STC-Hypermarket an der südlichen Ausfallstraße, die raus aus Vicotoria führt – Bois de Rose Shopping Complex, geöffnet Mo.-Sa. 9.00 Uhr bis 19.30, Sonntag 9.00 bis 13.00 Uhr
3) Pharmacy in Eden Plaza – auf Eden Island
4) Pharmacy in Anse Royale – die Chefin heißt Amy und spricht auch Deutsch; was die Öffnungszeiten anbelangt, leider sehr unzuverlässig.
5) D’Offay’s Pharmacy – Palmont Centre Beau Vallon, geöffnet Mo.-Sa. 9.00 Uhr bis 19.30, Sonntag 9.00 – 13,00 Uhr

ACHTUNG: Alle Angaben ohne Gewähr! Keine Haftung für die hier gemachten Empfehlungen, die ausschließlich auf persönliche/individuelle Erfahrungen basieren. Subjektive Unterstützung und Beratungsleistungen bei der Zusammenstellung möglicher Medikamente wurden erbracht durch Marktapotheke Heiligenstadt.

Das Geheimnis der Raffia-Nuss

15. Juli 2017

Wer über die Seychellen und ihre Naturwunder spricht, der spricht als allererstes über die sagenumwobene Riesen-Nuss, die Coco-de-Mer. Als zweites erinnert er sich bestimmt an die leckere Kokosnuss, entweder direkt vom Baum, mit der Machete aufgeschlagen und als herrlich tropisches Getränk serviert oder aber als Milch, die zahlreiche Curry-Gerichte verfeinern darf. Da ich aber schon immer leidenschaftlich gern „Das Märchen von den drei goldenen Nüssen“ angeschaut habe, kommt nun die dritte Zaubernuss, die sogar in meinem Garten auf Mahé wächst. – Hier ihre Geschichte, hier ihr Geheimnis:

In den unberührten Tropenwäldern Madagaskars und auf den Inseln des Indischen Ozeans wächst eine seltene Palme. – die Raffia-Palme (Raphia). Obwohl nicht allzuviel über ihre Gattung und ihre ca. 20 Arten bekannt ist, weiß man aber eines: Sie hat die wohl längsten Blätter der Welt. Bis zu acht­zehn Meter lang können die dunkelgrünen gefieder­ten Wedel werden, die aus einem kurzen rot­braunen Stamm in die Luft ragen. Ihre Blattgründe und Blattstiele, aus denen die Einheimischen Rollos zu basteln wissen, sind ocker bis orange gefärbt: In Verbindung mit den steif ansteigenden Blättern bietet sie einen unvergeßlichen, wirren und geheimnisvollen Anblick.

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Den Kopf in der Sonne, die Füße im Wasser: So hat es die Raffia gern. Nicht leicht ist es aber für sie, in unwirtlichen Felsen oder heißen Tropengebieten einen schattiges feuchtes Plätzchen mit gleichzeitig hellem Ausguck zu finden – ihr bevorzugter Stand­ort. Doch auf den paradiesischen Seychellen gibt es ein paar Flecken, wo fast ideale Bedingungen herrschen. Hin und wieder plätschern kleine Bäche durch die Granitberge, an dessen sumpfigen Ufern sich die Raffia ansiedelt. – Genau so ein Bach umzingelt und überquert unser Grundstück hoch oben an den Berghängen der Anse Louis.

Acht bis zehn Jahre braucht die Raffia-Palme, bis sie Nüsse trägt. Zwischen den Blattstielen schieben sich dann langsam mehrere Meter lange, dunkel­braune Samenstränge hervor. Sie sehen aus wie riesige gewundene Seile und Taue oder wie dicke geflochtene Bastzöpfe. Manche haben einen Durch­messer von bis zu 30 cm und fallen fast bis auf den Boden herab. Scheinbar regungslos hängen sie in dieser Form mehrere Monate, bis sich dann endlich an manchen Stellen die Stränge öffnen. Unter ei­nem schützen­den bastähnlichen Geflecht kommen kleine Zweig­hände zum Vorschein. Wie Mini-Besen sehen sie zunächst aus.

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Nach wiederum mehreren Monaten sind allmählich die Ansätze von winzigen Knoten zu sehen. Aber erst nach zwei Jahren fallen diese als dunkle Kugeln zur Erde.

Keimfähige Samen sind extrem selten. Wenn sie dann aber ihren kleinen Spross durch die mittlerweile fast verrottete Schale ausstecken konnten und an einer geeigneten Stelle Fuß gefaßt haben, dann wachsen sie extrem schnell. Nur: Umsetzen lassen sich die Jungpflanzen nicht. Bietet man ihnen einen anderen Ort an, gehen sie innerhalb weniger Wochen ein.

Da die Palmen in einem meist schwer zugänglichen Gelände stehen, ist es mit großen Schwierigkeiten verbunden, diese Samen zu sammeln. Gelingt es aber dennoch, heißt es Geduld haben. Die herab­gefallenen Samen selbst sind auf dem modrigen Tropenboden kaum zu erkennen. Wenn sie aber von den dünnen, sie festumschließenden Pflanzen­fasern befreit sind, sieht das Äußere der Schale aus wie ein ebenmäßig geschlossener Tannenzapfen – nur glatter und wie mit einem Hochglanzmittel perfekt poliert. Erst nach mehreren Wochen Trock­nungsprozeß können sie geöffnet werden. Unter der Zapfenhaut verbirgt sich zunächst eine völlig unscheinbare, aber steinharte Nuß. Schmutzig sieht sie aus, unattraktiv und langweilig. Nur mit zäher Ausdauer und einigem Schleifmitteleinsatz läßt sie sich von ihrem häßlichen Schutzmantel befreien.

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Dann aber – aber nur mit dem richtigen Know-how und Werkzeug – gelingt die Verwandlung.

Aus dem steinernen Kern wird eine Nuß von unglaublicher Anmut – ein Handschmeichler mit mattem Glanz und einer Maserung, die einer perfekten Mischung aus Elfenbein und Wurzelholz gleich.

Für die Kreolen – die Einheimischen der Inseln im Indischen Ozen – hatten diese Nüsse Zauberkraft; man erzählt sich noch heute, daß eine pulverisierte Nuß im Tee zu magischen Kräften führt. Im Alltag dienten die Raffia-Nüsse einer anderen ganz praktischen Angelegenheit: Sie konnten in Scheiben gesägt werden, um daraus Knöpfe herzustellen.

Die Kolonialherren des 18. Jahrhunderts aber er­kannten den wahren Wert dieser seltenen Tropen­schönheit und brachten die Nüsse z.B. an den fran­zösischen Hof. Dort wurden sie in Wunderkammern oder Vitrinen zur Schau gestellt – mehr als 3.000,– Euro hat jüngst ein solches Exponat im Auktions­haus Christie’s gebracht…

„Bonn anniverser, Annegret Bollée!“ Zum 80. Geburtstag der Grande Dame der Kreolistik

4. März 2017

Die Seychellois sprechen viel, und sie sprechen laut. Dieser Teppich aus Stimmengewirr ist immer und überall auf den Inseln ausgelegt. Er ist gewebt aus Kreolisch, Englisch und Französisch.

Wer sich sprachlich den Einheimischen nähern will, dem sei empfohlen, ein paar Brocken Seychellen-Kreo­lisch zu lernen. Es ist nicht schwer! Fast jeder Reiseführer für die Seychellen hält im Anhang ein kleines Glossar mit den wichtigsten Vokabeln be­reit. Mittlerweile gibt es auch einen kleinen Sprach­führer aus der Reihe „Kauderwelsch“, der zwar von Sprachwissen­schaftlern (zu Recht) belächelt wird, der aber dem reisenden Otto Normalverbraucher Angst vor dem Lernen einer fremden Sprache nimmt.  In ihm habe ich das Zitat von William Travis aus dem Jahr 1959 gelesen: „Die Seychellen sind zwar eine britische Kolonie, aber die Leute sprechen kaum Englisch hier. Die Lingua franca ist ein primitiver kreo­lischer Dialekt, der wenig oder gar nichts mit dem Französischen gemein hat … Das Kreolische hat keine Ge­schichte, es kann sich nicht weiterent­wickeln und auch keine Literatur hervorbringen. Als Sprache ist es ohne jede Bedeutung“.

Wie bitte??? Der gute Herr Travis mochte zwar Ahnung von der Tiefsee haben, beim Eintauchen in die Sprache der Seychellois hat er sich aber gewaltig den Kopf am flachen Grund gestoßen…

Was kaum einer weiß: Ausgerechnet eine deutsche Professorin – dazu noch beheimatet an der Universität meiner Stadt Bamberg – war es, die den Seychellen in gewisser Weise zu ihrer sprachlichen Identität verhalf. Annegret Bollée wird heute 80 Jahre alt.

Erst seit vier Jahrzehnten gibt es so etwas wie ein sprachliches „Nationalbewusstsein“ auf den Seychellen. Wie kam es dazu? Der Auslöser hierfür liegt in den frühen 1970er Jahren, als Annegret Bollée gerade dabei war, sich auf ihre anstehende Habilitation vorzubereiten. Genauer gesagt, war es eine Konferenz an der Universität Köln, die ihr sprachwissenschaftliches Interesse an den Kreol-Sprachen im Allgemeinen weckte. Als sie dann über Stationen auf Mauritius und Réunion sich den Seychellen und der dort existierenden Sprache näherte, war die Forschungslage total unübersichtlich, oder besser gesagt: überhaupt nicht vorhanden. Zunächst einmal näherte sich Annegret Bollée dem kreol seselwa über Märchen und mündlich überlieferte Erzählungen, die seinerzeit in der „Creole Hour“ noch im Radio ausgestrahlt wurden. Daraus wurden dann „kreolistische Ausflüge“ und Forschungsaufenthalte auf den Inseln, die noch das Prädikat „Abenteuer“ verdienten. Mit Tonbändern bewaffnet, so ging es damals auf Feldforschung und umfangreiche Sprachaufzeichnungen, Auswertungen und Analysen standen auf dem Programm. Darauf aufbauend erfolgte das schwierige Stadium, dieser Sprache eine eigene Orthografie zu geben. Als zudem Annegret Bollée 1977 schließlich den Grundstein für eine Grammatik legte, diese dann gedruckt in Händen hielt, war der sichtbare Beweis erbracht: das kreol seselwa ist nicht irgendeine Missgeburt unter Dialekten, nein – es ist eine eigenständige Sprache.

Verschriftung war das Zauberwort! Und so gibt es dank der Arbeit von Annegret Bollée nicht nur eine Orthographie und eine Grammatik – auch das erste Buch in seselwa kreol, das je erschien, hatte sie auf den Weg gebracht. Dennoch, obwohl sie soviel für diese Sprache geleistet hat, war die Resonanz bei den Einheimischen ernüchternd. In einem Interview sagte Annegret Bollée auf die Frage: „Hat man Ihnen dies auf den Seychellen in irgendeiner Weise gedankt?“: „Nein, das kann ich ganz klar verneinen“ (Quelle, siehe unten, Seite 208). – Was sie aber dennoch nicht davon abhielt, weiter über das kreol seselwa zu forschen. So entstand das Dictionnaire étymologique des créoles français de l’Océan Indien (DECOI): ein ganz spezielles Wörterbuch, mit dem die Herkunft des Vokabulars geklärt werden kann, das uns überall auf den Inseln begegnet.

Doch Kreolisch existiert nicht nur auf den Seychellen, sondern wird – jeweils in unterschiedlicher Form – rund um den Äquator gesprochen: in der Karibik auf Dominica, Guadeloupe, Haiti, Martinique und St. Lucia, westlich von Afrika auf den Kapverdischen Inseln, östlich von Afrika auf den Inseln des Indischen Ozeans. Der Ursprung des Seychellen-Kreol liegt irgendwo rechts von Ma­dagaskar, in einem Gebiet, das sich als Mascarenen in den Geographiebüchern finden lässt. Der Grundstein für dieses »Prototypen-Kreo­lisch« wurde mit der französischen Koloni­sation der bis dato unbewohnten Insel La Réunion im Jahr 1665 gelegt. Die neuen Herren beschafften sich Sklaven, und da auch damals schon Kosten­senkungspotenziale ausgeschöpft werden mussten, wählten sie eine seinerzeit durchaus als günstig zu bezeichnende Beschaffungsquelle: Madagaskar.

Wenig später kamen Inder und Indo-Portugiesen dazu, die bereits um die Jahrhundertwende, also um 1700, annähernd ein Viertel der versklavten Bevölkerung ausmachten. Damit nicht genug: Die­ses Völkergemisch wurde angereichert durch den gezielten »Import« von Schwarzen. Sie stammten aus anderen Teilen Afrikas, vor allem aus Mo­zam­bique. Da die Kolonialherren auf starke und leis­tungsfähige Arbeitskräfte auf ihren Zucker­rohr- und Vanilleplantagen bedacht waren, wollten sie die Debilität fördernde Inzucht unter den Sklaven vermeiden. Sie sorgten sogar für frisches Blut aus Guinea. – Das kreolische Vielvölkervolk war ge­boren. Und genauso schnell, wie es in nur we­nigen Jahrzehnten zusammen­gewürfelt wurde, genauso schnell entwickelte sich das Kreolische. Also (zum Bedauern der Sprachwissenschaftler) keine Sprache mit jahrhundertlanger Evolution und Tradition – ganz im Gegenteil! Wir haben es beim Kreolischen mit einer sehr jungen Sprache zu tun, denn damals musste in Windeseile ein Sprach­vehikel her, so dass sich nicht nur die Kolonial­herren mit ihren Sklaven, sondern auch diese untereinander verstän­digen konnten.

Die ersten davon, die die Seychellen erreichten, waren die Begleiter von ungefähr einem Dutzend französischer Siedler. Sie landeten auf der Haupt­insel Mahé am 27. August 1770 – genauer gesagt, landeten sie vor Mahé im heutigen Wasser­schutzgebiet und Nationalpark Sainte Anne und bauten auf der gleichnamigen kleinen Insel ihre erste Plantage. Sie kamen aus Mauritius und brachten von dort als praktisches Souvenir das mittlerweile hundertjährige Kreolisch auf die Seychellen mit. So entstand zunächst beinahe unbemerkt eine ganz besondere Sprache, die in dieser Form weltweit einzigartig ist: das Seychellen-Kreol. Es gehört zu den französischbasierten Kreolsprachen, den sogenannten „Frankokreolsprachen“.

Was es damit auf sich hat? Es ist eine Sprache, die nur entstehen konnte, weil die Sprache der französischen Kolonialherren auf die ihrer afrikanischen Sklaven prallte. Die mussten sich – ob sie wollten oder nicht – irgendwie mit ihren Herren arrangieren. Deswegen geht Annegret Bollée davon aus„…, dass die Kreols einschließlich ihrer Grammatik aus Basissprachen entstanden sind…, die Frankokreols aus dem Französischen, dem gesprochenen Französisch der Kolonialzeit“ (Quelle siehe unten, Seite 198).

Doch Annegret Bollée ging es nie nur um die Sprache. Stets hatte sie das Schicksal der Menschen im Auge. Mit viel Engagement setzte sie sich für einen Imagewandel und die Aufwertung des seselwa kreol ein, das stets unter dem Stigma einer „Sklavensprache“ litt und nicht so recht einen etablierten Platz im Bildungssystem finden wollte. Das Vorurteil, dass das seselwa kreol primitiv sei und sich weit davon entfernt befinde, den Status einer „richtigen Sprache“ einzunehmen, versucht  sie bis heute mit ihrer wissenschaftlichen Forschung zu entkräften.

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Bollée, Annegret: Beiträge zur Kreolistik. Herausgegeben sowie mit Vorwort, Interview, Schriftenverzeichnis und Gesamtbibliographie versehen von Ursula Reutner als Festgabe für Annegret Bollée zum 70. Geburtstag,  hier: „Kapitel V. Im Gespräch mit Annegret Bollée, S. 189 – 215, Verlag Buske/Kreolische Bibliothek 21 Hamburg 2007 – nachzulesen im Web-Schriftenverzeichnis von Ursula Reutner

Der Vollmond, das Wetter und die seychellischen Bauernregeln

16. Februar 2017

Wie überall auf unserer Welt, so gibt es auch hier auf den Inseln geheime Gesetze, die alles zusammen halten. So auch die Sache mit dem Vollmond. Eine der uralten seychellischen Regeln lautet: „Drei Tage nach Vollmond schlägt das Wetter um“. Aber bitte schön, in welche Richtung? Die Einheimischen sind sich einig: In den Zeiten des Nordwest-Monsum kommt drei Tage nach Vollmond richtig doller Regen. In den Zeiten des „vannswet“ (Südost-Monsum) klart drei Tage nach Vollmond das Wetter auf.

Wir haben Mitte Februar:
Wir haben die Zeit des Nordwest-Monsuns.
Und wir haben drei Tage nach Vollmond.

Deswegen war es heute Nacht nicht verwunderlich, dass es plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes aus heiterstem Himmel das Regnen anfing. Nein, nicht so ein duseliges Getröpfel! Sondern ein richtiger Guss, so laut, so heftig, dass an Schlaf zunächst einmal nicht mehr zu denken war. Ha, das musste er sein – dieser Wetterwechsel!

Ich beginne zu überlegen, versuche sonstige meteorologische Phänomene auszumachen, um meine Theorie vom nahenden Sonnenverzicht zu untermauern. Schlechtwetter-Periode im Anmarsch? Ja, da waren doch gestern im luftigen Blau des Himmels tatsächlich zweieinhalb Cirrus-Wolken zu sehen…

Kein Wunder, dass der Regen unüberhörbar heftig über den Inseln hereindonnerte. Ich stellte mir vor, wie grau die Welt ist, wenn ich heute Morgen aufwache, doch dann das hier…

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… und alles ist gut, denn der Nordwest-Monsun hat mit seinem reinen Atem die Inselwelt einmal ordentlich durchgepustet, für Frische gesorgt  und die seychellischen Bauern hatten mit ihren Regeln einfach wieder mal Unrecht!

Kleiner Nachtrag – 17.2.2017 – 11.46: UUUUUPPPS – die seychellischen Bauern hatten doch recht!!! Seit 12 Stunden regnet es ununterbrochen! Und kein Ende in Sicht – nur Wolken und Tropfen in den Tropen!

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Seychellische Nächte: Von Hunden und Hühnern und von Fröschen

26. Oktober 2016

Der Neumond nähert sich und die letzte Nacht war bereits rabenschwarz, abgesehen von den glitzernden Sternen. Doch wer denkt: ganz dunkel bedeutet ganz still, der hat noch nie in einem Tropenhaus im Süden Mahés geschlafen. Auch wenn es Stunden gibt, in denen es mucksmäuschenstill ist – das ist definitiv die Ausnahme.

Zunächst die Hunde: Mit einsetzender Dunkelheit starten sie ein unglaubliches Jaul- und Kläff-Konzert. Meist beginnt irgendeiner im hintersten Winkel des Tales, dann antworten die anderen und schließlich stimmt dann der Rest mit ein. Es sind in der Regel zunächst einmal keine freilaufenden Tiere. Jeder seychellische Haushalt hat mindestens drei bis fünf von ihnen, die manchmal ein trauriges Dasein in viel zu engen Zwingern fristen. Ihre Art der Freiheit ist dann Bellen bis zum Abwinken oder zumindest, bis endlich Futter kommt. Streunende Hunde gibt es natürlich auch, aber denen begegnet man meist am Strand, wo sie ein Paradebeispiel für tropische Lebensart – Nichtstun, Streicheleinheiten und Dösen im weichen Sand – abgeben.

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Nachts aber erwachen ihre Lebensgeister. Bei Vollmond gebärden sie sich wie ein wild gewordenes Rudel jaulender Wölfe, die ein schauriges Konzert abliefern. In einer ganz normalen Nacht wie der vergangenen scheinen sie sich angeregt von Haus zu Haus Nachrichten zuzubellen, wütend zu diskutieren oder Hunde-Witze zu erzählen. – Nach fast 20 Jahren Seychellen weiß ich noch immer nicht, wie es den Einheimischen gelingt, bei diesem Lärm zu schlafen. Tropenhäuser sind luftige offene Behausungen, und man kann nicht mal so eben ein Fenster aus Doppelglas schließen, um Geräusche einfach auszusperren. – Auf die Spitze trieb es heute Nacht ein Hund, der im Rhythmus von 10 Sekunden ein „Wuff“ von sich gab, dann wieder und wieder. Dann Pause und das Ganze eine Oktave höher: „Wüff“ – „wüff“ – „wüüüüffff“. Danach dachte ich, es kehrt Ruhe ein. Im Gegenteil: Über Stunden lang dehnte sich diese „Sprechübung“ aus, leichte Varianten mit inbegriffen: „Woff“ – dann „wöff“ – „wöff“ –  „wöööffff“ und irgendwann: „Waff“ – „wäff“ – „wäff“ – „wäääffff“. Ich wartete förmlich auf den nächsten Kläffer…

Als ich schließlich vor Erschöpfung dann doch einnickte, begannen mitten in der Nacht die Hähne zu krähen. Komisch, warum warten sie nicht bis zum Morgengrauen? Nein, sie verkündeten – ihre Hennen und Küken im Schlepp – das Ende der Geisterstunde mit heftigem Gegacker und Gegluckse. Und da die meisten Einheimischen ihre Grundstücke ebenso wenig eingezäunt haben wie wir das unsrige, kommt das Federvieh direkt bis vor unser Schlafzimmer und wünscht uns für den Rest der Nacht einen erholsamen Schlaf. Wenn sie wenigstens ein paar Eier unter den Hibiskus-Busch legen würden…

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Wenn dann nach kurzer Ruhepause der ersten Frosch quakt, dann weiß ich: Es geht auf vier Uhr morgens zu. Normalerweise herrscht in den Monaten der Trockenzeit Funkstille. Sobald aber auch nur ein winziger Tropfen Wasser zwischen die Felsspalten gelangt (und sei es aus einem Putzeimer oder Gartenschlauch), laufen die Tierchen zur Höchstform auf. Ein ohrenbetäubendes Froschkonzert beginnt und dauert bis zum herannahenden ersten Tageslicht, das meist gegen halb sechs über die Insel kriecht. Aus lauter Freude stimmen dann sämtliche Vögel mit ein, insbesondere die Kolibris mit ihrem schrillen Gefiepe. Die Hühner machen aus Sympathie gleich nochmal mit; und ab und zu meckern unten im Tal die Ziegen. Ich komme mir vor, als würde ich auf einer riesigen Farm leben. Besser kann kein Wecker funktionieren. Übrigens, nochmals kurz zurück zu den Vögeln: Wer denkt, dass nachts die Vögel still sind – Irrtum. Ich habe zwei Nachtvögel ausgemacht, die ich noch nie gesehen, geschweige denn identifiziert habe. Der Einfachheit halber habe ich sie nach ihren seltsamen Lauten benannt: der Kastagnetten-Vogel ahmt täuschend echt das Geklapper spanischer Rhythmusinstrumente nach und der Handy-Vogel tut so, als würden bei ihm pausenlos SMS-Benachrichtigungen eingehen.

Bei diesem ganzen Natur-Konzert gibt es noch eine einzige Steigerung, und zwar immer dann, wenn der Nachbar Geburtstag, Namenstag  oder Kommunion feiert oder wenn das übliche Wochenend-Gelage stattfindet, bei dem auch schon mal 12 Stunden Nonstop-Musik läuft; und damit meine ich nicht wohlklingende Töne in gemäßigter Lautstärke…

Warum ich das alles schreibe? Wer sich in einer kleinen Privat-Unterkunft, einem Guesthouse oder Pension einmietet, muss damit rechnen, dass auch für ihn gilt: schlaflos in den Seychellen. Also: Wer daran gewöhnt ist, Ohrenstöpsel zu tragen, der sollte sich unbedingt ein Paar (oder mehrere davon) mit ins Gepäck stecken – sonst nämlich ist die Gefahr groß, den Schlafmangel der Nacht mit zu vielen Nickerchen am Tage zu kompensieren. Und da würde man doch tatsächlich Licht und Schatten, Laut und Leise und damit die Kontraste, die Schönheit der Inseln ausmachen, doch glatt verpassen…

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Zeitlos in den Seychellen

14. Oktober 2016

Wer auf den Seychellen weilt, beginnt plötzlich, nach einem anderen Zeitbegriff zu leben. Nichts scheint wirklich eilig zu sein. Und alles kann warten. Viele meiner seychellischen Freunde tragen keine Uhr, ich übrigens auch nicht mehr. Und doch kommen wir im Alltag ganz gut zurecht – meistens jedenfalls. Das liegt zunächst einmal daran, dass es einen natürlichen Zeitmesser gibt: die „Sonnen-Uhr“. Sie geht nie falsch und immer richtig, denn sie geht zwischen sechs und halb sieben in der Früh auf, und zwischen sechs und halb sieben abends unter. Tropische Regelmäßigkeit des Äquators – zuverlässig, Jahrmillionen lang erprobt und sehr beruhigend. Genauso wie der Rhythmus der Gezeiten, Ebbe und Flut – die man nach einigen Tagen Strandleben auch ohne Gezeiten-App präzise voraussagen kann.

Zur Not helfen die Vögel mit dazu, die morgens und abends jeweils zeitgleich plärren (von Singen kann bei dem lauten Spektakel der Mynah-Birds und Bulbuls jedenfalls nicht die Rede sein, auch nicht beim durchdringenden schrillen Fiepen der Kolibris und erst recht nicht beim Gezeter der Webervögel. Einzig und allein das Gurren der Sperbertäubchen macht da eine sanfte Ausnahme). Und wem das nicht reicht, der orientiere sich am Gebimmel der Kirchenglocken: Sechs- und Sieben-Uhr-Läuten in der Früh, Mittagsläuten um Punkt Zwölf, Angelus-Läuten um Fünf zum Feierabend. Und wenn mal nachmittags um drei die Glocken schlagen, dann ist klar: es kann nur Freitag sein!

Wegen dieser natürlichen Rhythmen ist es eigentlich nur zu logisch, dass es so etwas wie einen präzise getaktete Stundenablauf oder Fahrpläne nicht gibt – einzige Ausnahme ist die Fähre Cat Cocos. Aber bei den blauen Tata-Bussen sieht es schon anders aus. Es ist zwar in etwa bekannt, wohin sie fahren (das markiert ein Leuchtband im Cockpit) und von wo aus sie fahren (das zeigt das fette Wort „Bus Stop“ an, das in weißer Farbe einfach auf die Straße gepinselt wurde). Nicht aber ist genau bekannt, wann sie fahren. Und während wir in der zivilisierten Gesellschaft das Warten als etwas Lästiges und unnütze Zeitverschwendung empfinden, weil die Zeit davon eilt, haben die Seychellois eine ganz andere, eine positive Einstellung: „Time is coming“. Die Zeit kommt also zu ihnen, während bei uns die Zeit vergeht und wir ihr deswegen gestresst hinterher jagen müssen.

So weit, so gut. Eigentlich dachte ich, dass die Seychellen wegen dieser Mentalität ein wenig hintendran sind (ich sage bewusst nicht: hinterm Mond, denn der lacht sie strahlend an). Aber heute bekam ich den Beweis, dass sie ihrer Zeit voraus sind, zumindest um einen ganzen Tag. Als ich nämlich im „News Café“ in Victoria heute meine Zeitung las, musste ich verblüfft innehalten.

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Da steht doch tatsächlich: Freitag, 15. Oktober! Ich guckte sicherheitshalber auf den vergilbten Wandkalender des Cafés und auch noch auf mein Handy: Da stand: Freitag, 14. Oktober!

Okay, dachte ich, das hätten wir jetzt geklärt. Beruhigend für mich war, dass es offenbar den Zeitungsredakteuren genauso ging wie mir: kein richtiges Zeitgefühl mehr, welcher Tag, welches Datum – das war und ist offenbar gar nicht so richtig wichtig.

Und plötzlich merke ich, welchen Luxus ich da genoss: Zeitlos in den Seychellen!

Seychellische Weihnachten

26. Dezember 2015

Die wichtigsten drei Requisiten der seychellischen Weihnacht unterscheiden sich nicht viel von den uns bislang bekannten:

Weihnachtsbaum,

Weihnachtsdekoration,

Weihnachtslieder.

Höre ich da den Einwand, dass aber nie die richtige Weihnachtsstimmung wie daheim in Deutschland aufkommen wird, weil Glühwein, Zimt­geruch und Schneegestöber fehlen?

Dazu fol­gendes:

Zimtgeruch gibt es mehr als genug auf den Sey­chellen. Man braucht sich nur einen Zweig des Zimtbaums abzubrechen, Blätter und Rinde zwi­schen den Fingern zu reiben und schon kommt Weih­nachts­duft!

Thema Glühwein: Er lässt sich aus den eben be­schriebenen Ingredienzien mit süd­afrikanischem Rotwein, braunem Rohrzucker und etwas Orange sowie heimischen Nelken ganz her­vorragend selbst herstellen. Auch bei hoch­sommerlichen Tem­pe­ra­turen schmeckt er prima. Fast scheint es, als würde er erst hier sein wahres Aroma entfalten. Er hat nur lediglich einen Nach­teil. Er macht bei der Wärme schneller beschwipst. Okay: Wer keinen Glühwein mag, der trinkt einen Rosé unterm Flammenbaum…

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… oder wer keinen Wein mag und der Fraktion der Biertrinker angehört, dem sei ein eiskaltes Guinness empfohlen, denn in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr wird oft – aus weihnachtlichen Marketing-Gründen heraus – der Flaschenpreis um ein, zwei Rupees gesenkt. Das dunkle irische und in Lizenz auf Mahé abgefüllte Gebräu erinnert durchaus an deutsches Starkbier meiner Heimatstadt, das es ab Ende November zur Einstimmung auf die ad­vent­liche Fastenzeit gibt.

Und Schneegestöber? Wer vermisst dies wirk­lich? Frage: Wann gab es das zuletzt in Deutsch­land pünktlich zu Heilig­abend? War bzw. ist es nicht viel­mehr so: 8 bis 10 Grad oder mehr (plus natürlich!) und Nieselregen, von frühlingshaft mild bis scheußlich nasskalt und kein Winterwunderland weit und breit in Sicht. Davon sollte nun wirklich nicht die weih­nachtliche Glückseligkeit abhängen!

Zwaye Nwel! – Fröhliche Weihnachten!

Stacheliger Störenfried: eine Raupe namens senil plim

5. Oktober 2015

Die Seychellen sind ein perfektes Reiseziel, weil keine lästigen Impfungen gegen irgendwelche Tropenkrankheiten nötig sind. Malaria und Gelbfieber sind auf den Inseln ein Fremdwort. Wer allerdings aus Zentralafrika auf die Seychellen einreist, muss eine entsprechende Impfbescheinigung vorlegen. Immer noch werden auch bei der Ankunft mehr oder weniger intensive Kontrollen hinsichtlich Ebola gemacht. Und jeder Einreisende muss auf einem Dokument erklären, dass er weder an Durchfall und Husten, noch an Ausschlag und Kopfweh leidet. Das ist zunächst einmal das offizielle Prozedere. So weit, so gut. So weit, so gesund.

Im Landesinneren geht aber derzeit ein echter Quälgeist um. Eine kleine Raupe treibt ihr Unwesen – senil plim, der Seidenspinner. Eigentlich sieht das gerade mal 2 cm lange Tierchen ganz hübsch aus, fast niedlich wirkt sein zierlicher, hübsch gezeichneter Körper. Aber auf ihm lauert die tatsächliche Gefahr: Kleine Härchen, nur wenige Millimeter lang, glitzern tatsächlich wie feinste Seide.

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So sehen sie aus, die unsichtbaren Übeltäter, die das Jucken auslösen, wenn ihre Härchen (von lebenden wie von toten Tier) abfallen und vom Wind herumgewirbelt werden. Ihre Wirkung ist vergleichbar mit den Hautreizungen, die von Glaswolle ausgehen. Nie werde ich vergessen, wie ich als Kind meinem Papa beim Dachausbau helfen wollte und bereitwillig Isolationsmaterial herumschleppte. Anschließend brannte meine Haut wie Feuer. Bei senil plim ist es der gleiche Effekt: Die winzigen Härchen wirken wie stechende Nadeln, die je nach Empfindlichkeit zu heftigem Ausschlag, Pickeln und nässenden Pusteln führen. Das wirklich Lästige ist, dass wir uns kaum vor diesen Raupen schützen können. Sie hängen träge unter den schützenden Blättern der Tropenvegetaion. Meer und Küste lieben die Raupen weniger. Ihre Favoriten sind Pflanzen im Hinterland, vor allem Hibiskusbüsche. Und sie lieben ganz besonders Bodanmyen, den Terrassenbaum. Den nagen sie nicht nur ratzekahl leer, sondern dort richten sie sich auch häuslich ein. Feine Nestchen entstehen:

Die spinnen, die Raupen!

Ich bekomme jeden Tag neue Pusteln, weil wir in unserer unmittelbaren Nähe mehrere Bodanmyen haben, die am Bach wachsen und die wir nicht einfach fällen können. Unser „Kammerjäger“ Gills Pest Control, hat den meisten Viechern zwar den Garaus gemacht, wenn aber dennoch genügend Härchen in der Luft sind, reicht das völlig aus, um für weiteren Juckreiz zu sorgen. Und da man hier oft man den Besen in die Hand nimmt, um andauernd anfallenden Tropenstaub wegzukehren, kommt man unweigerlich mit den Seidenspinnerabfällen in Kontakt. Ein bisschen davon reicht für mich aus; andere Menschen haben mehr Glück und kratzen sich höchstens mal wie nach einem ordentlichen Mückenstich an einem schwülen deutschen Sommerabend.

Meine Nachbarn hier auf den Seychellen jammern auch, sie schmieren sich mit Kokosöl ein, damit die Haut schön glitschig wird und die kleinen Stacheln nicht eindringen können. In der Tat, das hilft, aber nur ein klitzekleines Bisschen.

Gäbe es hier auf den Seychellen eine Geisterbahn, ich würde mich sofort bewerben. Ich sehe nämlich zum Fürchten aus. Meine Haut ist richtig verbeult, vor allem an den Oberschenkeln. Aber nicht nur dort habe ich heftigste allergische Reaktionen. Wohlgemerkt, das muss nicht bei jedem so enden wie mir. Ich reagiere halt einfach äußerst extrem. Was hilft, sind Hydrocortison-Produkte, als Tabletten verabreicht und natürlich als Salbe. Gern helfen die kleinen Kliniken weiter, die in jeder größeren Bucht zu finden sind. Sie kennen die Plage und verabreichen in extremen Situationen auch mal eine Spritze.

Dennoch: Eines steht fest, auch wenn es noch so höllisch juckt, irgendwann geht es vorüber. Dass eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Widrigkeiten des Lebens immer noch die beste Medizin ist, habe ich schließlich hier auf den Seychellen gelernt.