Heute ist der zweite Juni, eigentlich ein völlig unspektakulärer Tag. Aber etwas ist doch ein bisschen anders als sonst. Die Seychellen atmen langsamer, ihr Herzschlag ist nicht mehr ganz so schnell, gemächlicher die Schritte und weniger Menschen auf den Straßen, an den Stränden.
Jedes Jahr Anfang Juni beginnt so etwas wie die Nachsaison auf den Seychellen. Hotels schließen für einige Wochen, Restaurants machen zu, um zu renovieren. Ob das auch daran liegt, dass nun der „vannswet“ – der Südost-Monsun – gekommen ist, der mehr Wolken, mehr Wind bringt und sich an manchen Tagen die Sonne gar nicht richtig zum Vorschein kommt?
Auch Lindy lässt sich momentan nicht blicken. Schade eigentlich, denn Lindy führt das bezaubernde Restaurant „Chez Plume“ in der Anse Boileau, an der sanft geschwungenen Westküste von Mahé. Aber schon seit zig Jahren ist es Tradition, dass Lindy im Juni Urlaub macht, den sie meist in Frankreich verbringt. Und dieses Jahr?
Dieses Jahr ist alles ein bisschen anders, denn es jährt sich zum ersten Mal der Todestag von Lindys Mann. Lindy ist traurig. Sie wußte bis vor wenigen Tagen noch nicht, ob sie in diesem Jahr in den Ferien wegfährt. Und wenn ja wohin. Oder ob sie doch lieber bleibt.
Eines steht aber fest: Das Restaurant bleibt im Juni geschlossen. Das macht mich traurig, denn für mich ist „Chez Plume“ eines der schönsten und authentischsten kreolischen Restaurants auf Mahé. Und ich gehe gern hierher, meist einmal die Woche. Hier, unter den weiß geschnitzten Holzgiebeln eines luftigen Tropenhauses, in einem Garten zwischen süßduftenden Frangipani und farbtrunkenen Hibiskus weht so etwas wie der Hauch der guten alten Zeit – aber vor allem der leckeren Seychellen-Gerichte: Red-Snapper-Filet in Passionsfruchtsauce, Riesenkrabben in Ingwerschaum, deftiges Curry und scharfe Chili-Noten. Und dann diese sündigen gratinierten Knoblauch-Muscheln, diese verführerischen „bennjen brenzel“, die traditionell frittierten Auberginen, wie sie knuspriger nicht sein könnten. Ach! Seufz!
Die typischen kreolischen Gerichte werden mir fehlen, Lindy wird mir fehlen, Annette und Kathleen, die beiden Mädels, die im Restaurant einen richtig guten Service abliefern, werden mir auch fehlen. Vor allem, weil ich mit ihnen so richtig den schönsten Klatsch und Insel-Tratsch pflege . Aber wie heißt es so schön: Wer sich rar macht, macht sich beliebt. Wie gut, dass der Juni in nur 28 Tagen wieder vorbei ist!
Eigentlich war es nichts anderes als Fernweh und die Suche nach dem perfekten Inselidyll, was Heike Mallad auf die Seychellen brachte: 1998 verbrachte sie zum ersten Mal eine Woche auf den Trauminseln im Indischen Ozean.