Stacheliger Störenfried: eine Raupe namens senil plim

5 Oktober 2015

Die Seychellen sind ein perfektes Reiseziel, weil keine lästigen Impfungen gegen irgendwelche Tropenkrankheiten nötig sind. Malaria und Gelbfieber sind auf den Inseln ein Fremdwort. Wer allerdings aus Zentralafrika auf die Seychellen einreist, muss eine entsprechende Impfbescheinigung vorlegen. Immer noch werden auch bei der Ankunft mehr oder weniger intensive Kontrollen hinsichtlich Ebola gemacht. Und jeder Einreisende muss auf einem Dokument erklären, dass er weder an Durchfall und Husten, noch an Ausschlag und Kopfweh leidet. Das ist zunächst einmal das offizielle Prozedere. So weit, so gut. So weit, so gesund.

Im Landesinneren geht aber derzeit ein echter Quälgeist um. Eine kleine Raupe treibt ihr Unwesen – senil plim, der Seidenspinner. Eigentlich sieht das gerade mal 2 cm lange Tierchen ganz hübsch aus, fast niedlich wirkt sein zierlicher, hübsch gezeichneter Körper. Aber auf ihm lauert die tatsächliche Gefahr: Kleine Härchen, nur wenige Millimeter lang, glitzern tatsächlich wie feinste Seide.

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So sehen sie aus, die unsichtbaren Übeltäter, die das Jucken auslösen, wenn ihre Härchen (von lebenden wie von toten Tier) abfallen und vom Wind herumgewirbelt werden. Ihre Wirkung ist vergleichbar mit den Hautreizungen, die von Glaswolle ausgehen. Nie werde ich vergessen, wie ich als Kind meinem Papa beim Dachausbau helfen wollte und bereitwillig Isolationsmaterial herumschleppte. Anschließend brannte meine Haut wie Feuer. Bei senil plim ist es der gleiche Effekt: Die winzigen Härchen wirken wie stechende Nadeln, die je nach Empfindlichkeit zu heftigem Ausschlag, Pickeln und nässenden Pusteln führen. Das wirklich Lästige ist, dass wir uns kaum vor diesen Raupen schützen können. Sie hängen träge unter den schützenden Blättern der Tropenvegetaion. Meer und Küste lieben die Raupen weniger. Ihre Favoriten sind Pflanzen im Hinterland, vor allem Hibiskusbüsche. Und sie lieben ganz besonders Bodanmyen, den Terrassenbaum. Den nagen sie nicht nur ratzekahl leer, sondern dort richten sie sich auch häuslich ein. Feine Nestchen entstehen:

Die spinnen, die Raupen!

Ich bekomme jeden Tag neue Pusteln, weil wir in unserer unmittelbaren Nähe mehrere Bodanmyen haben, die am Bach wachsen und die wir nicht einfach fällen können. Unser „Kammerjäger“ Gills Pest Control, hat den meisten Viechern zwar den Garaus gemacht, wenn aber dennoch genügend Härchen in der Luft sind, reicht das völlig aus, um für weiteren Juckreiz zu sorgen. Und da man hier oft man den Besen in die Hand nimmt, um andauernd anfallenden Tropenstaub wegzukehren, kommt man unweigerlich mit den Seidenspinnerabfällen in Kontakt. Ein bisschen davon reicht für mich aus; andere Menschen haben mehr Glück und kratzen sich höchstens mal wie nach einem ordentlichen Mückenstich an einem schwülen deutschen Sommerabend.

Meine Nachbarn hier auf den Seychellen jammern auch, sie schmieren sich mit Kokosöl ein, damit die Haut schön glitschig wird und die kleinen Stacheln nicht eindringen können. In der Tat, das hilft, aber nur ein klitzekleines Bisschen.

Gäbe es hier auf den Seychellen eine Geisterbahn, ich würde mich sofort bewerben. Ich sehe nämlich zum Fürchten aus. Meine Haut ist richtig verbeult, vor allem an den Oberschenkeln. Aber nicht nur dort habe ich heftigste allergische Reaktionen. Wohlgemerkt, das muss nicht bei jedem so enden wie mir. Ich reagiere halt einfach äußerst extrem. Was hilft, sind Hydrocortison-Produkte, als Tabletten verabreicht und natürlich als Salbe. Gern helfen die kleinen Kliniken weiter, die in jeder größeren Bucht zu finden sind. Sie kennen die Plage und verabreichen in extremen Situationen auch mal eine Spritze.

Dennoch: Eines steht fest, auch wenn es noch so höllisch juckt, irgendwann geht es vorüber. Dass eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Widrigkeiten des Lebens immer noch die beste Medizin ist, habe ich schließlich hier auf den Seychellen gelernt.