Die Mittagspause ist heilig. Auf den Seychellen jedenfalls. Welch unbeschreibliches Glücksgefühl, einen so geregelten Alltag zu haben, der das 12-Uhr-Läuten in zwei Tageshälften teilt. Okay, wenn nicht punkt Zwölf, dann zumindest halb Eins. Aber dann ist wirklich Schluss, dann ist wirklich Mittag. Was dann passiert, ist Ritual. Da kaum einer sich sein Essen zuhause vorbereitet und in die Arbeit mitgebracht hat, stürmt ein jeder zu (s)einem „Take Away“. Halt – nicht jeder: Die Inder haben ihren „Henkelmann“ dabei und hocken sich im Schneidersitz in den nächstgelegenen Schattenplatz, um dort zu speisen. Nein, selbst die einfachsten indischen Arbeiter essen nicht einfach, sie SPEISEN. Sie verwandeln selbst die simpelste Mahlzeit in ein raffiniertes Mehr-Gänge-Menü. Sie haben eine Art „Henkelmann“ dabei – aus drei, vier einzelnen Metalldosen, die übereinander gestapelt mit Klammern und Henkel befestigt werden und als „Dabba“ ein perfektes Mittagessen servieren. Darin befinden sich die wundervollsten Köstlichkeiten: Dhal (Linsen), Lassi (Joghurt), geschmortes Gemüse, Curry-Reis.
Genauso variantenreich geht es an den Take-Away-Ständen der Seychellen zu. Für nur zwei bis vier Euro (derzeit 30 bis 60,– SCR) gibt es einen feinen Schmaus, der nichts mit dem uns bekannten Fast Food zu tun hat. „Fast“ schnell müssen tatsächlich die kleinen Stände auf den Inseln unterwegs sein, wenn alle zur gleichen Zeit etwas zu essen haben wollen. Riesige Schlangen bilden sich in der Mittagszeit – was aber gar nicht so schlecht für die Besucher der Seychellen ist, denn daran erkennen sie, an welchem Food Truck, in welch kleiner Blechhütte das beste des begehrten Street Food zubereitet wird.
Mein Favorit ist vor allem gebratenes Gemüse – oft mit Auberginen, Bohnen, Okra, Kraut und Karotten, dazu ein satini – ein „Chutney“, wobei dies meist irgendein geraspeltes grünes Obst ist, z.B. frisiter („fruit Cythère“ oder „Golden Apple“) und Papaya. Super sind auch die sauren Mango-Salate oder alles, was mit Kürbis zu tun hat. Solche exotischen Arrangements gehen irgendwie immer. Bei Hühnchen-Curry (kari poul) mache ich meist einen großen Bogen um das Gewölle denn es besteht oft aus mehr Knochen und Knorpel als aus Fleisch. Genial sind dagegen gebratener Fisch oder aber auch la dob (eine Art Stampf aus Brotfrucht oder Süßkartoffeln mit Kokosnus-Milch) – Achtung: totales Sättigungsgefühl!!! In den Monaten des Südost-Monsuns, wenn der Fisch rar ist, gibt es auch pwason sale – ein Schöpfgericht aus gesalzenem, getrocknetem Fisch, sehr gewöhnungsbedürftig, aber auch sehr authentisch. Einfach mal ausprobieren.
Die Take-Aways sind Fluch und Segen zugleich für die Inseln: Einerseits sind sie wie ein Bollwerk gegen McDonalds und Burger King, andererseits liefern sie haufenweise Müll, denn die Styropor-Behälter mitsamt dem Plastikbesteck werden in der mitgelieferten dünnen Plastiktüte meist allzu gern in irgendeinem großen Busch entsorgt – und keiner hat’s gemerkt.
Immer wieder sind Lobeshymnen über das über alle Maßen gesunde „Fast Food“ der seychellischen Take-Aways zu hören. Ja, im Prinzip richtig! Aber leider nur zum Teil: Denn oftmals werden frittierte Zutaten in schlechtem, altem Öl ausgebacken, oder Gemüsereste triefen vor zu viel Fett und Instant-Saucen. Wie so oft gilt die alte Regel: „Probieren geht über Studieren“. Und einfach mal die Einheimischen fragen und sich an der längsten Schlange anstellen. Dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen! Vor allem deswegen, weil momentan Street Food zu den angesagtesten Food-Trends des Jahres gehört. Ein Land und seine Menschen richtig kennenlernen, das gelingt am besten bei Essen und auf der Straße, also im Volk und mit dem Volk! Und nirgendwo schmecken die Seychellen seychellischer als an einem richtigen Take-Away! Bon appetit!
Eigentlich war es nichts anderes als Fernweh und die Suche nach dem perfekten Inselidyll, was Heike Mallad auf die Seychellen brachte: 1998 verbrachte sie zum ersten Mal eine Woche auf den Trauminseln im Indischen Ozean.