Category: Allgemein

Einfach nur königlich erhaben – der Königsgarten „Jardin du Roi“

4. Oktober 2016

Wer von der Anse Royale in Richtung Landesinnere fährt und die Bergstraße von Les Canelles nimmt, ist gut beraten, langsam zu machen! Denn nach einigen hundert Meter kommt man an eine kleine, recht unscheinbare Straßengabelung, an der früher ein Hinweisschild zum Jardin du Roi deutete. Das Schild – längst verrostet, längst verblichen, längst verschwunden. Nur mit etwas Glück schafft man auf Anhieb den richtigen „Einstieg“ in die verwunschene Bergweld der Südküste. Als Orientierungshilfe mag ein etwas moderner indischer, supermarkt-ähnlicher Laden dienen, bei dem meistens ein erleuchtetes „Open“ blinkt. Genau da geht es links ab, dann kurze Zeit später in einer versteckten Hofeinfahrt wieder nach rechts. Hier grüßt dann auch tatsächlich ein Schild und weist einen Weg von ca. 1 Kilometer nach oben, der sich dann steil in die bewaldeten Hänge schraubt. Einmal oben angekommen, kuscheln sich einige Häuslein unter einem mächtigen grünen Dach. Wir sind da – der Jardin du Roi erwartet uns. Am Eingang fächelt ein majestätischer Riesenbambus uns Kühlung zu. Zu seinen Füßen gurgelt ein klares Bächlein. An seinem moosigen Ufer führt ein kleiner Pfad steil in die Höhe, links und rechts gesäumt von uralten latanier feuille-Palmen mit zeltdachgroßen Blättern.

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Alte Palmenbestände und hohe Zimtbäume laden zum Verweilen unter einem dunkelgrünen schattigen Dach ein. Da hinten grüßt ein übermächtiger Mangobaum, daneben stehen Guaven, Nelken und Avocados. Die Böschung ist gesäumt von kuscheligem Zitronengras. Hinter einer Hibiskus-Hecke quietscht fidel ein Papagei in seiner luftigen Behausung. Von weiter oben duftet es erfrischend nach Zitrone – dort wächst ein wuchtiger Busch der Kaffir-Limette, durch den ein sanfter Windhauch streicht. Zwischen all dem exotischen Gehölz heimelige Oasen aus Gras und roz anmer, eine Art „Fleißige Lieschen“, die sich mit ihren pinkfarbenen und schneeweißen Blüten ein beschwingtes Stelldichein unter dem blauen Himmel geben.

Ich weiß auch nicht, aber jedes Mal, wenn ich dort bin, findet mit mir, in mir eine seltsame Verwandlung statt. Ich fühle mich wie in einer Art Zeitreise und bin plötzlich im 18. Jahrhundert gelandet. Hier oben unter den riesigen Bäumen – und erst hier verstehe ich, warum man von Urwaldriesen spricht – weht ein Hauch der guten alten Zeit.

Kleine Pfade führen durch die Bepflanzungen, allesamt beschildert mit viel Wissenswertem rund um Gewächse und Gehölze. Viel Zeit kann man hier bei ausgedehnten Streifzügen durch das Grün verbringen – viel viel Zeit. Irgendwann dann müde geworden, lädt das kleine koloniale Restaurant zu Erfrischungen ein. Wie wäre es mit einem Oktopus-Salat, mit einem Seafood-Gratin, mit geräuchertem Fisch zu lieblicher Mango, oder gar Fischsuppe und Gemüsecurry? Hier wird noch wirklich – also WIRKLICH – kreolisch gekocht; und es lohnt sich! Auch wenn die Preise nicht gerade günstig und die Portionen nicht gerade üppig sind; aber es ist einfach ein Gaumentraum der ganz besonderen Art. Wer mag, traut sich und fragt die Bedienung nach einem kleinen Versucherle – nach ladob – in Kokosmilch geschmorte Brotfrucht. Denn eines ist sicher: Wer von der Brotfruchtist, kommt immer wieder auf die Seychellen zurück.

Adresse: Jardin Du Roi –  Domaine de l’Enforcement, Anse Royale, Mahé, , Seychelles. Tel. 00248/ 4 371 313.erreichbar über Les Canelles; Eintritt für die Pflanzungen, ca. 150,- SCR

Öffnungszeiten: 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr – nur Mittagessen bis ca. 15.00 Uhr (wer nur etwas im Restaurant verzehren will und keinen Rundgang durch den Garten plant, braucht keinen Eintritt zu entrichten).

 

„The Winds of Change…“

29. September 2016

„The Winds of Change…“-  so sangen die Scorpions einst, als der Fall der Berliner Mauer unmittelbar bevorstand und Ost und West eins wurden. Und auch wenn es hier auf den Seychellen keine Wiedervereinigung und erst recht keine trennende Mauer gibt: Die „Winds of Change“ sind mit dem „vannswet“ – dem Südostmonsun – über den Archipel hereingeweht. Es gingen weiß Gott stürmische Zeiten voraus: Da war eine Präsidentenwahl, die unter dem Verdacht stand, dass gekaufte Stimmen und Betrug zu einem Sieg der Regierungspartei verholfen hatten. Da gab es ein Verfahren vor dem Verfassungsgericht und die Neuauszählung der Stimmen (die zu nichts führte). Da gab es… ach was weiß ich! Ich will mich eigentlich doch hier im Paradies gar nicht mit Politik auseinandersetzen, und doch begegnet sie mir allerorten. – Kein  Wunder, denn nach fast einem halben Jahrhundert wehen hier die „Winds of Change“…

… und dann jetzt dies: Heute wurde es offiziell –  unser Präsident, der uns in den vergangenen 12 Jahren aus der gröbsten Misere eines zwar „heiteren Sozialismus“, aber dennoch aus einer weitestgehend tropischen Mangelwirtschaft, herausgeführt hat, erklärt seinen Rücktritt und übergibt in wenigen Tagen die Amtsgeschäfte an seinen Vize. Das ist, um es auf Kreol zu sagen, ein bel koud kanon – ein ganz schöner Paukenschlag, oder besser: ein richtiger Kanonendonner. Daher die offizielle Bekanntmachung aus dem State House, wortwörtlich:

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Resignation address made by President James A. Michel on SBC on 27th September 2016

Thu, 29 September 2016
People of Seychelles,

Good evening.

First of all, I wish to thank all Seychellois for this long journey of progress we have undertaken TOGETHER.  We took Seychelles from a level and TOGETHER we have developed our country further. We are proud of what we have been able to achieve TOGETHER.

Thank you very much.

Many decisions were made this year. One of the decisions was the amendment to the Constitution to limit the terms of the President to two mandates.  And tonight I am announcing my decision to resign from the post of President of the Republic and take my retirement. The Constitution of the Republic of Seychelles says that when the President resigns, this is done by a letter addressed to the Speaker of the National Assembly.  The Speaker will receive my letter tomorrow.

My resignation from the post of President will take effect on 16th October 2016, and a new President will be sworn in the same day. Mr Danny Faure will succeed me and complete the remaining four years of my mandate, as authorised by Article 55 (1) of the Constitution.

Dear compatriots,

After 12 years as President, the time has come to hand over to a new leader. A new Parti Lepep generation that will guide Seychelles to a new frontier of its development. A new Parti Lepep generation that will remain in power. To face and overcome the challenges of this century, without abandoning our principles.

The time has come to say goodbye to you, particularly my faithful supporters. You are in my heart and prayers always. I carry fond memories of you.

I am leaving power, but I am not abandoning you. For me, power is not an aim in itself but a means to do good. To do good for our people. TOGETHER we did it, as much as the means and circumstances permitted us.

The interest of the nation comes first.

I am leaving the Office of the President with a sense of mission accomplished. During the 12 years that you gave me the honour and privilege to lead our nation, I have accomplished my responsibilities and duties. I continued the work of my predecessor, President Rene, but in my own style. I have restored the economy of our country. I have created more opportunities for all Seychellois, to ensure that our country continues to progress. I took action to ensure the wellbeing of the more vulnerable people in our society. I have promoted additional opportunities for the youth, to give them greater hope, mainly in entrepreneurship.  Our elderly parents are benefiting from a series of measures that guarantee them greater comfort and dignity in their retirement. I have listened, I have consulted. I have reinforced our democratic institutions. I have tackled the scourges and social ills besetting our society.  I have strengthened our image on the international scene. All of this — and more — was not done by me alone.  I did it by remaining connected with you, the Seychellois people. I did it with the help and collaboration of a devoted and committed team that believes in the future of Seychelles. All decisions we have taken are, above all, in the interest of Seychelles. Our achievements are there for all to see.

People of Seychelles,

My presidency is a chapter in the modern history of Seychelles.  I consider my presidency as work we started together. And we’ve done a lot. For the love of Seychelles. For the unity of our country. For our progress and prosperity. For our children.

A new leader — one who is also competent and motivated, who also has the interest of Seychelles at heart –` will begin the next chapter of our modern history. I call upon you all to give Mr Faure the full support you provided me during the 12 years. I am forever thankful, dear Seychellois people, for all your support. Thank you for the trust you put in me.

As for me, I want to reassure you that I will always be available — for as long as I have the health and strength — to offer Seychelles my services in whatever function you desire, and in any capacity I can.

Finally, there is nothing more important, more honorable, more noble, than national unity. Let us reject all that causes division. Let us make national unity our priority. It is national unity that will guide us in our actions, and illuminate the future of our country.

Dear people of Seychelles,

Once again, I express my deep appreciation for your support.

May God continue to bless Seychelles.

Thank you and good night.

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Hoffen wir, dass es nicht zu wörtlich gemeint ist: Na, denn gute Nacht Seychellen – das  wollen wir nicht hören und das sollte es wohl nicht heißen, stattdessen:  Aufwachen und einen neuen Tag beginnen! Mit allem, was dazu gehört: Sonnenaufgang, geschäftiger Morgen, heißer Mittag, träge glühenden Nachmittagsstunden, Sundower und Belohnung für das Geleistete –  und dann schließlich dieser furiose Sonnenuntergang, der neue Kraft verheißt – so kräftig glüht es über dem Horizont!

„Pirates Arms“ und „Kaz Kreol“: zwei schmerzliche Lücken

25. September 2016

Mahé trauert. Die Insel hat einen großen Verlust zu beklagen: Zwei riesige Wunden klaffen in den wichtigsten Städten der Hauptinsel – in Victoria und in der Anse Royale. Das einstige „Pirates Arms“ – das Hofbräuhaus der Seychellen – gibt es nicht mehr. Und das „Kaz Kreol“, eine nicht minder wichtige Instanz in der Restaurantwelt der Insel, wurde dicht gemacht.

Was ist passiert?

In Victoria wühlt sich seit einiger Zeit ein unaufhaltsamer Bauwurm durch die Stadt. Hier entstehen neue Geschäfte, da werden mirnix dirnix Hochhäuser aus dem Boden gestampft – natürlich nicht im Sinne der Frankfurter Skyline, aber hoch sind die Häuser mit sieben, acht Stockwerk allemal. Tja, und zwischen all diesen wachsenden Neubeuten gab es einen einstürzenden Altbau – „Pirates Arm“. Es wurde abgerissen. Böse Zungen behaupten gar, es sei abgebrannt (worden). Fakt ist: Es entsteht so etwas wie eine stylische Shopping-Mall an dieser Stelle. Und nun gibt es wie immer zwei Meinungen hier unter der Tropensonne: Die eine sagt, Pirates Arms gehört endgültig der Vergangenheit ein, die andere sagt, es wird unter neuem Namen wieder eröffnet. – Egal wie es ausgehen wird:

Schlimm sind beide Versionen – denn:

Wo bleibt dann in Zukunft der koloniale Charme dieser Location?
Wo bleibt mein geliebtes „Paradise Island Sandwich“ mir geräuchertem Segelfisch und opulenter Thunfisch-Sauce? Wo treffe ich in Zukunft die Alteingesessenen, die noch was zu erzählen haben?
Wo bleibt das Geschlurfe der Flipflops von gelangweilten Bedienungen?
Wo bleibt der Inseltratsch?

Ich weiß es nicht.

Mit „Kaz Kreol“ ist es ähnlich schlimm:  In den späten 1990er Jahren bis zum unseligen Tag des Tsunami (26.12.2004) führten Alberto und Carla das Haus und machten daraus einen kreolisch-italienischen Schmelztiegel der Extraklasse. Es kamen Touristen, die ein Bad nahmen, genauso wie Einheimische, die einfach den Alltag vergessen wollten, indem sie die Füße in den weichen Sand steckten. Ein tolles Strand-Bistro war das. Und jetzt? Nachdem ein ostdeutsches Pächter-Ehepaar sich zunächst ganz gut machte, verließ die beiden das Glück  – und er die Insel, und sie ein praller Geldbeutel. Schulden über Schulden, dann leider auch nicht erfüllte Hygiene-Vorschriften, sodass das Gesundheitsministerium den Laden kurzerhand zumachte. – Schlimm. Und auch hier: Ausgang ungewiss.

Mir fehlen beide Plätze. Ich bin traurig. Und ich weiß nicht, ob ich hoffen darf auf eine Zukunft, in der wieder ein bisschen vom „spirit of the good old Seychelles“ zurückkehrt.

Tod eines Tausendfüßlers

9. Februar 2016

 

Gestern hatte ich mal wieder großen Abwasch. Den mache ich per Hand, weil unsere Spülmaschine vor einiger Zeit den Geist aufgegeben hat. Eine neue will ich nicht, denn die sensible Elektronik lässt meist nach wenigen Monaten des Einsatzes im hohen Salzgehalt der Luft die Flügel hängen. Also spüle ich wie früher und trockne anschließend ab. Das klingt einfacher als es ist. Denn für die herkömmlichen Handtücher aus Halbleinen oder Baumwolle ist die hohe Luftfeuchtigkeit eine echte Herausforderung. Das Geschirr will nicht richtig trocken werden, und mächtige Schlieren sind das Resultat. Also habe ich mir nach einigem Ausprobieren Mikrofasertücher besorgt. Und siehe da: (Fast) streifenfreier Glanz! Als gestern mein gesamter Vorrat von diesen Tüchern beim Abtrocknen draufging, habe ich diese schmutzigen, klammen Teile achtlos auf den Boden geworfen, um sie am nächsten Morgen der Waschmaschine anzuvertrauen. Sie spuckte sie fein gereinigt und wohl duftend wieder aus, doch umso erstaunter war ich, als ich mitten in den Tüchern einen centipede fand, einen seychellischen Tausendfüßler.

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Beim näheren Betrachten stelle ich fest, dass er gerade mal 40 Beinchen hat. Ha, wieder mal bloße Übertreibung und seychellischer Gigantismus! Aber egal, ob tausend oder auch nur hundert Füße, das Viech nervt. Es krabbelt gern in weniger sauberen Ecken herum und wenn es sich dort gestört fühlt, dann beißt es auch mal beherzt zu. Und das verursacht höllische Schmerzen, ein Brennen und Stechen wie bei tausend Wespenstichen. Daher bin ich froh, dass dieses Prachtexemplar gar nicht so weit kam, sondern sich in den feinen Mikrofaserschlingen verhedderte und nun weichgespült und ganz willenlos vor mir liegt.

Keine Namen, keine Nummern

14. Oktober 2015

Wie ist das eigentlich auf einer Insel, die gerade mal 27 Kilometer lang und maximal 11 Kilometer breit ist. Oder noch präziser gefragt: Wie ist das eigentlich im Paradies? Braucht man da Straßennamen und Hausnummern? Eigentlich nicht, oder? Die wichtigsten Ortsangaben auf den Seychellen (nehmen wir mal Mahé als Beispiel) orientieren sich nach den Himmelsrichtungen, wie North East Point oder West Coast Road, oder an Bergen, wie Mount Buxton oder Mont Fleuri. Oder nach den Buchten, wie Anse Royale oder Anse Forbans.

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Jeder weiß, was damit gemeint ist. Und was dort zu finden ist, z.B. der typische „Birnenfelsen“ am nördlichen Arm der Anse Forbans.

In der Hauptstadt Victoria sieht das natürlich anders aus, hier gibt es doch mehr als nur eine Berg- oder Küstenstraße und so finden sich hier „avenue“, „street“ und Co. Je weiter wir in den stark zersiedelten Speckgürtel Victorias vordringen, desto weniger häufig begegnen wir richtigen Straßennamen. Aber immerhin:  Die Distrikte haben hübsche Bezeichnungen. Und jeder weiß z.B., dass sich hinter Bel Air ein Nobel-Vorort verbirgt oder dass Perséverance nichts weiter als eine hässliche, aufgeschüttete Kunstinsel ist, die öden sozialen Wohnungsbau beheimatet.

Und wie ist das sonst so auf der Haupt-Insel Mahé? Wie bereits angedeutet: Wichtigstes Orientierungsmerkmal sind die Buchten. Danach hört es aber schon auf. Ich wohne z.B. offiziell in der Anse Louis, aber diese Ecke erstreckt sich doch über ein größeres wenig übersichtliches, Areal zwischen Anse La Mouche und Anse Boileau.

Anse Louis, dazu gehören sowohl kleine Siedlungen am Meer genauso wie Wellblechhütten an unbefestigten Wegen in tiefen Tälern, oder vereinzelte Häuschen, die sich in die Berge schmiegen. Alles ist Anse Louis. Straßennamen Fehlanzeige, Hausnummern erst recht. Wir behelfen uns mit umständlichen Beschreibungen: „Ich wohne da unten, dans bambou, im Bambus“ oder „Ich wohne dort oben, neben der Kirche Notre Dame de La Salette“. Das war’s dann aber auch scho. Und es muss reichen, damit wir die Nachbarn zielsicher finden und unsere Freunde besuchen können.

Oder damit andere uns zielsicher finden und besuchen können.

Dass selbst hoch offizielle Termine und öffentliche Veranstaltungen mit diesem Manko klarkommen müssen, habe ich am vergangenen Wochenende eindrucksvoll erlebt. Hier der Beweis:

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Eine der großen seychellischen Parteien lädt die interessierte Öffentlichkeit zu einer politischen Kundgebung ein. Und wo findet sie statt? In Au Cap. So weit, so gut. Aber auch wenn Au Cap auf dem Plakat in großen Lettern geschrieben ist, das macht die Sache nicht einfacher, denn Au Cap ist genauso weitläufig wie Anse Louis. Daher die präzise Ortsangabe des Treffpunkts laut Aushang:

Unter dem Jamalak-Baum,
am Ufer des Meeres (also am Strand, wo sonst?),
gegenüber vom Dorado-Guesthouse.

Kommt alle zahlreich, wir diskutieren über die Zukunft unseres Landes, heißt es da sinngemäß. Mein Nachbar will auch dorthin. Sagte er mir zumindest am Sonntag früh. Dennoch: Als ich ihn heute nach diesem Treffen frage, berichtete er mir, dass er gar nicht da war. Warum, will ich wissen und ich vermute, dass er den Ort des Geschehens wegen der etwas rustikalen Beschreibung nicht gefunden hat.

Nein, das war nicht der Grund. Er hatte nämlich gehört, dass es kein Freibier gab, also hätte sich doch der Weg nach Au Cap zum Jamalak-Baum am Ufer des Meeres gegenüber vom Dorado-Guesthouse gar nicht gelohnt…

Rhapsodie in Grau: Regen auf der Insel

28. September 2015

Seit gestern trägt die Insel Trauer. Alles ist grau, alles ist feucht, alles ist traurig! Ein furchtbares Jammertal, denn es scheint kein Ende in Sicht. Diejenigen Wetterexperten, die behaupten, dass hier mal ganz locker ein tropischer Schauer herabkommt, der nach kurzer Zeit wieder aufhört, irren sich gewaltig. Ein richtiges Schlechtwettergebiet kotzt sich über dem Archipel aus. Die Luftfeuchtigkeit steigt ins Unermessliche: Wäsche wird klamm, das Brot droht zu schimmeln und die Bettlaken sind ein einziger feuchter Umschlag.

Es ist so, wie es ist: Schönreden gelingt kaum. Denn auch wenn mir alle immer wieder sagen: Das ist doch wenigstens warmer Regen… nein, so ist es nicht, zumindestest nicht ganz, denn es geht ein ständiger Wind dazu, der schnell Gänsehaut verursacht. Gefühlt ist die Temperatur dann einfach etliche Grade kühler.

Doch da, ein kleiner Lichtblick! Mitten im größten Nass watscheln zwei Sperbertäubchen über die Terrasse und gurren erwartungsvoll. Sie wissen, dass sie jetzt gleich von mir ein paar Krumen Frühstück erhalten. Sie plustern sich auf, schütteln sich, vertreiben damit die letzten Regentropfen und die schlechte Laune … auch bei mir!

 

Auch das Paradies braucht mal eine kleine Pause…

2. Juni 2015

Heute ist der zweite Juni, eigentlich ein völlig unspektakulärer Tag. Aber etwas ist doch ein bisschen anders als sonst. Die Seychellen atmen langsamer, ihr Herzschlag ist nicht mehr ganz so schnell, gemächlicher die Schritte und weniger Menschen auf den Straßen, an den Stränden.

Jedes Jahr Anfang Juni beginnt so etwas wie die Nachsaison auf den Seychellen. Hotels schließen für einige Wochen, Restaurants machen zu, um zu renovieren. Ob das auch daran liegt, dass nun der „vannswet“ – der Südost-Monsun – gekommen ist, der mehr Wolken, mehr Wind bringt und sich an manchen Tagen die Sonne gar nicht richtig zum Vorschein kommt?

Auch Lindy lässt sich momentan nicht blicken. Schade eigentlich, denn Lindy führt das bezaubernde Restaurant „Chez Plume“ in der Anse Boileau, an der sanft geschwungenen Westküste von Mahé. Aber schon seit zig Jahren ist es Tradition, dass Lindy im Juni Urlaub macht, den sie meist in Frankreich verbringt. Und dieses Jahr?

Dieses Jahr ist alles ein bisschen anders, denn es jährt sich zum ersten Mal der  Todestag von Lindys Mann. Lindy ist traurig. Sie wußte bis vor wenigen Tagen noch nicht, ob sie in diesem Jahr in den Ferien wegfährt. Und wenn ja wohin. Oder ob sie doch lieber bleibt.

Eines steht aber fest: Das Restaurant bleibt im Juni geschlossen. Das macht mich traurig, denn für mich ist „Chez Plume“ eines der schönsten und authentischsten kreolischen Restaurants auf Mahé. Und ich gehe gern hierher, meist einmal die Woche. Hier, unter den weiß geschnitzten Holzgiebeln eines luftigen Tropenhauses, in einem Garten zwischen süßduftenden Frangipani und farbtrunkenen Hibiskus weht so etwas wie der Hauch der guten alten Zeit – aber vor allem der leckeren Seychellen-Gerichte: Red-Snapper-Filet in Passionsfruchtsauce, Riesenkrabben in Ingwerschaum, deftiges Curry und scharfe Chili-Noten. Und dann diese sündigen gratinierten Knoblauch-Muscheln, diese verführerischen „bennjen brenzel“, die traditionell frittierten Auberginen, wie sie knuspriger nicht sein könnten. Ach! Seufz!

Die typischen kreolischen Gerichte werden mir fehlen, Lindy wird mir fehlen, Annette und Kathleen, die beiden Mädels, die im Restaurant einen richtig guten Service abliefern, werden mir auch fehlen. Vor allem, weil ich mit ihnen so richtig den schönsten Klatsch und Insel-Tratsch pflege . Aber wie heißt es so schön: Wer sich rar macht, macht sich beliebt. Wie gut, dass der Juni in nur 28 Tagen wieder vorbei ist!

Was ist Heimat?

28. Mai 2015

Vor wenigen Tagen bin ich wieder von meinem seychellischen Zuhause in meine deutsche Heimat zurückgekehrt, aber nur für wenige Wochen.

Ich bin ein Pendler zwischen den Welten, zwischen den Tropen und Franken, größer könnte der Gegensatz kaum sein. Und vielleicht ist er deswegen so reizvoll. Seit mehr als 17 Jahren darf ich mich glücklich schätzen, in zwei wundervollen Regionen unserer Welt zu leben.

Da ist einerseits die KULTUR – Bamberg mit seinem mittelalterlichen Charme, seinen kleinen Gassen, Fachwerkhäusern, den Brücken und Flüssen, den Kirchen und den Brauereien.

Da ist andererseits die NATUR – grandiose Buchten, makellose Strände, atemberaubende Granitfelsen, kitschig geschwungene Palmen. Wie heißt es doch so schön? Die Mischung machts! Und nun weiß ich eigentlich gar nicht, was schöner ist: die fränkische Idylle oder das tropische Ideal. Wo fühle ich mich wohler, was ist mir näher?

Schön ist jedenfalls beides, aber eine meiner beiden Lieblingswelten ist weiter weg. Die Entfernung macht den Zauber! Aber das wird jetzt anders.

Mit meinen Posts rücke ich ab sofort die Inseln im Indischen Ozean näher an uns heran, mache sie vertrauter und begreifbar. Begreifen hat etwas mit Anfassen zu tun, und genau so sollen sie sein – meine Posts: einfach, anschaulich, aus dem Leben gegriffen. Viel Spaß damit!