Tag: Seeigel

Seychellische Plagegeister – mögliche Krankheiten und ihre Erreger

9. September 2017

Als ich früher noch ein kleines Mädchen war und mein Papa mir aus dem Dschungelbuch vorlas, da konnte ich mir nicht vorstellen, wie der kleine Junge Mogli ohne Beistand im Urwald überlebte. War das nicht sehr gefährlich, lauerten nicht überall Gefahren und Krankheiten? – Heute weiß ich: Es gibt tatsächlich ein Fleckchen auf dieser Erde, wo es (fast) ähnlich sorgenfrei zugeht: die Seychellen. Denn aggressive Wildtiere, giftige Spinnen oder Schlangen gibt es keine. Auch von bösartigen Tropenkrankheiten bleiben die Seychellen verschont. Heile Welt, oder? Richtig, gäbe es da nicht einige Plagegeister, die mir bisweilen ganz schön zu schaffen machen. Obwohl ich keine Medizinerin bin und natürlich keine Haftung für meine Ratschläge übernehmen kann, denke ich: Es wird nicht schaden, meine Erfahrungen zu teilen – zumal ich alle, die ins Paradies reisen, mit ein paar einfachen Tipps und Ratschlägen vor dem bewahren will, was mein beinahe kreolischer Nachname (Mallad) zum Ausdruck bringt: malad – krank werden.

Schauen wir also hinter die wunderschönen Kulissen, in denen sich die seychellischen Plagegeister verstecken. Eine der wichtigsten seychellischen Volksweis­hei­ten besagt: „Hast Du Ratten, dann hast Du keine Mos­kitos. Hast Du Moskitos, dann hast Du keine Ratten.“ – Auch wenn es traurig ist, aber genauso ist es.

Beide nerven.

Die nervigsten sind für mich, die ich im Busch wohne, mit Sicherheit die Ratten. Die gute Nachricht: In den großen Hotels lassen sich Ratten eher weniger blicken (zumindest kriegt man dort von ihnen als Tou­rist so gut wie nichts mit), in den kleinen guesthouses machen sie sich bisweilen mit ihrem nächtlichen Getrappel bemerkbar. Zwar sind die kreolischen Ratten nicht mit den Aasfressern euro­pä­i­scher Breitengrade zu vergleichen, aber ähnlich wie diese übertragen sie Krankheiten, die tödlich en­den können. Deswegen Vorsicht an kleinen Wasserlöchern, Pfützen oder wenig sauber wirkenden Rinnsalen. Bitte meiden und nicht hineintreten, schon gar nicht barfuß! Hier könnte nämlich Leptospirose lauern – eine Infektionskrankheit, die die Erreger „Leptospira“ auslösen.  Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit den infizierten Tieren (hauptsächlich deren Urin) über damit verunreinigtes Wasser. Durch kleine Hautverletzungen oder über die Schleimhaut kann der Mensch sich mit dem Erreger anstecken. Was dann kommt, klingt wenig verheißungsvoll: Nach vordergründig wenig bedenklichen Symptomen wie Grippe-Gefühl und Gliederschmerzen folgen Fieber und Bindehautentzündung, außerdem schwere Leberschädigungen und/oder Nierenversagen. – Das Problem: Eine wirksame Therapie (z.B. mit Penicilin) ist nur im Anfangsstadium der Krankheit möglich, also nur einige, wenige Tage nach Ansteckung. Daher schwache Symptome ernst nehmen – vor allem dann, wenn vorher ein Kontakt mit brackigem Gewässer/Abwasser gegeben war, dann sofort einen Arzt konsultieren!

Warum ich das so eindringlich beschreibe? Es war vor wenigen Jahren, als wir ganz plötzlich Max Faure verloren. Unser liebgewonnener Nachbar, der uns stets regelmäßig mit kalou versorgte, ein baumlanger, bärenstarker und vor Kraft strotzender Kerl, war binnen weniger Wochen tot. Eine kleine Verletzung am Fuß, die er sich mit einer zu scharfen Machete zugefügt hatte und ein Marsch durch unwegsames matschiges Waldgelände mit etlichen zwielichtigen Feuchtbiotopen wurden ihm zu Verhängnis. Eigentlich wollte er Gummistiefel tragen, doch die waren kaputt und mit Größe 47 war es ihm so gut wie nicht unmöglich, auf den Seychellen geeignetes Schuhwerk zu finden.

Ich jedenfalls halte mich von wenig hygienischen Wasseransammlungen fern, aber das ist ja eigentlich keine große Kunst, bei all dem herrlich klaren Meerwasser um mich herum!

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Fernhalten kann ich mich aber kaum von den Moskitos. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sie förmlich nach frischem Blut aus der nördlichen Halbkugel lechzen. Besonders nach den Regengüssen, wenn die Luft dampfig und feucht ist, oder aber wenn mal wieder das Deo versagt und der Schweiß in Strömen rinnt, dann fallen sie über mich her. Besonders aktiv sind sie morgens und abends in den Übergangstunden der Dämmerung (jeweils zwischen sechs und sieben). Da hilft nur eines: ein sog. „Repellent“, ein Mückenabwehrspray – und zwar eines, das wirklich wirkt und die surrenden Störenfriede fernhält, z.B. Antibrumm, No bite oder Peaceful Sleep (auf den Seychellen erhältlich). Ebenso wirksam sind die sog. „Mosquito Coils“ – spiralähnliche Räucherstäbchen, die lange glimmen und einen Duftqualm absondern, den die Moskitos so überhaupt nicht mögen. – Sollten sie doch mal zu heftig zugestochen haben, lindert frische Aloe Vera, die z.B. in so manchem Blumenkübel angepflanzt wird, mit ihrem schleimigen Gel den Juckreiz. Natürlich leisten auch Soventol oder Fenistil (auch in einigen seychellischen Apotheken erhältlich) treue Dienste. Ein einfaches Gegenmittel gegen die Blutsauger ist auch ein schnell drehender Ventilator, doch dann sollte man für alle Fälle Medikamente gegen Grippe und Halsweh in der Hinterhand haben… denn treffen zu viel Wind und Kühle auf den tropisch erhitzten Körper, ist die Gefahr groß, dass sich eine saftige Erkältung heranschleicht. Und spätestens dann stellt sich die Frage, ob nicht ein Moskito-Stich (der übrigens weniger lang juckt als in Deutschland), nicht das geringere Übel ist.

Ein bisschen kritischer ist die Lage, wenn bei den Moskitos auch noch die Gattung der Asiatischen Tigermücke mitmischen darf, denn diese besonders fiesen Viecher können (wohlgemerkt: können, müssen aber nicht) das Dengue-Fieber und den Chickungunya-Virus übertragen. Zunächst merkt man eigentlich gar nichts, verdächtig wird die Sache allerdings dann, wenn sich eine auffällige, völlig grundlose Müdigkeit breitmacht und man meint, eine Grippe sei im Anmarsch. Schön wär’s, denn mit beiden Tropenkrankheiten ist nicht spaßen, machen sie doch einem mit bleiernen Gliedern und heftigen Gelenk- und Muskelschmerzen zu schaffen. Der Arzt wird dagegen die Klassiker wie Paracetamol und Ibuprofen verabreichen. Und ansonsten zu Bettruhe und reichlichem Trinken mahnen – natürlich nur Wasser und Tee, nicht aber Seybrew oder gar Takamaka-Rum!

Weniger lästig, aber sehr schmerzhaft ist die Begegnung mit dem sog. Centiped – dem Hundertfüßler. Dieses Vieh liebt vor allem das weniger saubere Ambiente und schlängelt sich gern mal an Stellen wie Mülleimern herum. Da kann man ihm getrost aus dem Wege gehen. Blöd nur, wenn er sich z.B. über Nacht in getragene und abgelegte Klamotten einnistet und dann zubeißt, wenn man sich anziehen will. Der Biss sticht und brennt höllisch, die betroffene Stelle schwillt an. Wenn irgendwie möglich, sofort kühlen. Die Einheimischen reiben dann die Haut mit einer aufgeschnittenen halben Zwiebel ein und würzen das Ganze anschlie­ßend mit einer saftigen Limette. Wer beides nicht zur Hand haben sollte, überwinde (falls nötig) seinen inneren Schweinehund und nutze den kör­per­eigenen Saft Urin zum Desinfizieren. Un­glaub­lich, aber wahr – sofort lässt der Schmerz nach. Gleiche Rezeptur hilft im Übrigen auch, wenn einen die mous zonn (die aggressiven leuchtend-gelben Wespen) erwischen oder bei dem versehentlichen Kontakt mit den vereinzelt auftretenden See­igeln (z.B. in der Anse Forbans oder weiter draußen in der Anse Royale)…

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… und manchmal kommen ganz vereinzelte Quallen oder nesselndes Plankton, das beim Baden hin und wieder ganz merkwürdig auf der Haut pikst. Ver­gleichbar ist dieses Stechen und Brennen mit dem Biss der maket, der großen schwarzen Wald-Ameise. Sie ist aber nur dann aggressiv, wenn sie sich extrem gestört fühlt. Oft genug vergesse ich bei der Gartenarbeit, dass sich diese nützlichen Tiere in alten verrotteten Ko­kos­schalen einnisten, die gemeinhin als Blu­men­dünger oder Einfassung von Stauden verwendet. – Deswegen mein Tipp an alle, die sich wie Tarzan und Jane fühlen und auf der Suche nach frischem Kokos-Genuss am Strand sind nach einer herabgefallenen Nuss bücken: Bitte vorsichtig und mit Respekt vor den Wald-Ameisen hochheben, kurz drüber pusten, damit sie sich notfalls verflüchtigen und dann erst öffnen.

Am Stand lauert noch ein anderes, fast unsichtbares Biest, bei den Einheimischen bekannt als Sand Fly – in der Mehrzahl Sandmücken, fälschlicherweise immer wieder als Sandflöhe übersetzt. Von der Existenz dieser kleinen schwirrenden Tierchen, die der Insider als Phlebotomina kennt, bekommt man dann erst etwas mit, wenn es zu spät ist. Es sind die Weibchen, die sich unbemerkt eine leckere Mahlzeit aus Blut und Lymphe einverleiben und dazu mit ihren Mundwerkzeugen die Haut anritzen. Dies führt zu juckenden Pusteln. Wer daran rumkratzt, darf mit noch stärkeren, nässenden Schwellungen und schlimmstenfalls mit Infektionen rechnen. Was also tun? Am besten nichts, das ist leichter als getan. Die wirksamste Vorbeugung ist, diejenigen Strandabschnitte zu meiden, an denen Sand Flies auftreten, und das sind Regionen, in denen Seegras angeschwemmt wurde und die perfekte Unterlage zur Eiablage bildet. Zur Not dicke Handtücher unterlegen und Abwehrspray mit DEET verwenden. Sollte es dennoch zu Bissen kommen, dann kühlen und mit juckreizlindernden Mitteln behandeln. Ich schwöre auch auf Teebaumöl und Tigerbalsam. Wenn gar nichts anderes hilft, dann in einer der kleinen „clinics“ (keine Kliniken, sondern ärztliche Versorgungsstationen in den größeren Buchten) vorsprechen. Dort gibt es z.B. Caladryl bzw. Calamine – eine Lotion basierend auf Zinkoxidpulver, das mit einer kleinen Menge Eisen(III)-oxid eingefärbt ist. Die Inhaltsstoffe, vergleichbar mit stark konzentrierter Penatencreme, trocknen die Pusteln aus und lindern den Juckreiz.

Was mich derzeit am allermeisten quält, ist eine kleine, fast unscheinbare Raupe: senir plim – der Seidenspinner, dessen giftige Härchen in alle Winde verteilt über die Inseln fliegen und heftige allergische Reaktionen auslösen – allerdings nicht bei jedem mit gleich schlimmen Verlauf. Zunächst beginnt es mit einem pickeligen Hautauschlag an den Unterarmen. Als ich das erste Mal davon betroffen war, dachte ich zunächst an eine Moskitoinvasion oder Sand Fly-Attacke. Doch dann kamen größere, dickere Pusteln an den Weichteilen wie Bauchfalten und Pobacken dazu. Nachts juckte es besonders schlimm und ich konnte nicht aufhören zu kratzen. In der Regel gibt es dann noch rote breitflächige Juckstellen am Nacken. Wenn Fenistil nicht hilft, dann könnte eine höher dosierte Hydrocortison-Creme Linderung verschaffen. Will es nicht besser werden und kommen noch andere allergische Reaktionen dazu (z.B. Anschwellen der Schleimhäute, Hitzeschübe, Schüttelfrost und Fieber bis hin zu Atemnot), dann wird es ernst. Bei mir hilft, sobald ich die ersten Anzeichen merke, ein Antihistaminikum (z.B. Cetirizin oder Telfast). Außerdem haben mir Arzt und Apotheker ein Notfallset zusammengestellt, basierend auf Prednisolon. Dieses wird übrigens auch in den kleinen Krankenstationen und Lazaretten vor Ort verabreicht. – Vor den Raupenhärchen kann man sich leider überhaupt nicht schützen, denn sie sind über Monate und Jahre hinweg noch „aktiv“. Wer mehr wissen will, findet zusätzliche Informationen in meinen weiteren Blog-Posts über den Seidenspinner senir plim.

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(Danke, Rainer Bauerdick, dass Du es riskiert hat, das Biest vor die Linse zu kriegen…)

Jedes Mal, wenn mich die Raupen-Dermatitis erwischt, leide ich sehr, doch dann denke ich mir: Es könnte schlimmer kommen. Auf den Seychellen gibt es keine Malaria, kein Gelbfieber, keine Raubtiere. Also alles paradiesisch und sicher. Obwohl…  Raubkatzen gibt es offenbar doch, zumindest eine, meine Schwarze… die tut meist ganz unbeteiligt, schleicht sich scheu auf die Terrasse und labt sich an den Essensresten.

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Doch heute strich sie mir zwar sanft um die Beine, aber danach sprang sie schwups auf den Küchentresen, wo ich einen tiefgefrorenen Fisch auftauen wollte…aber der ist jetzt Geschichte.

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Auf einen Blick:

Die „Viererbande“ gegen Plagegeister – eine Basis-Ausstattung

  • Mücken-Repellent mit DEET (z.B. Anti-Brumm, No Bite, Peaceful Sleep)
  • Salbe gegen Stiche und Juckreiz (z.B. Soventol, Fenistil, Hydro-Cortison)
  • Schmerzmittel (z.B. Ibuprufen und Paracetamol)
  • Anti-Allergikum/Anti-Histaminikum (z.B. Cetirizin, Telfast)

Mit in die Reiseapotheke sollten auch:

  • Große Pflaster, am besten auch die „water proof“-Edition
  • Desinfektionsspray
  • Lokal-Antibiotikum für stark blutende Wunden, z.B. Tyrosur-Puder
  • Mittelchen gegen „Klimaanlagen-Erkältung“ (z.B. Grippostad, Dorithricin etc.)
  • Hilfe gegen Durchfall (z.B. Immodium), aber keine Sorge – das Wasser aus dem Hahn ist trinkbar! Abkochen ist allerdings im Zweifelsfalle für unsere überzivilisierten Mägen besser. Und wenn sich doch mal ein Diarrhoe-Desaster anbahnen sollte, dann liegt es meist an einem scharfen kreolischen Essen, z.B. an einer ordentlichen Portion „piman“ (Chili) oder einem feurigen „kari“ (Curry-Gericht).

Last but not least: Wer Insel-Hopping macht, mit der Fähre „Cat Cocos“ zwischen den Inseln pendelt und schnell seekrank wird, sollte vor allem in den Monaten des Südost-Monsuns (Mitte Mai bis Mitte Oktober) etwas gegen Übelkeit/Reisekrankheit mit dabeihaben.

THEMA „IMPFSCHUTZ“
WICHTIG: Für die Einreise der Seychellen ist KEINE PFLICHTImpfung oder Malaria-Prophylaxe zwingend vorgeschrieben. ABER: Wer mit der Ethiopian Airlines einreist und eine gewisse Verweildauer (12 Std. oder mehr, Stand: Veröffentlichungsdatum BlogPost) im Transit-Bereich in Addis Abbeba hat, muss damit rechnen, dass man  am Immigration -Schalter auf Mahé/Victoria Airport nach einer gültigen Gelbfieber-Impfung fragt, bzw. diese dann auch tatsächlich nachweisen kann. Bitte hierzu direkt die Fluglinie bze. dieientsprechenden Reisehinweise konsultieren. – Ansonsten ist es empfehlenswert, eine Kopie seines deutschen Impfpasses dabei zu haben, in dem vor allem eine noch gültige Tetanus-Impfung ausgewiesen ist. Sollte nämlich dennoch mal was passieren, z.B. größere Platzwunde oder Schnitt, dann kann der behandelnde Arzt mit eine Blick sehen, dass kein stationärer Aufenthalt nötig wird, keine zusätzliche (Über)Impfung verabreicht werden muss und alles mit einem professionellen Verband und ggf. Antibiotika erledigt ist.  Ebenso ist es sinnvoll (übrigens wie überall auf der Welt), ausreichend gegen Hepatitis geschützt zu sein. Hier helfen Arzt und Apotheker mit einer entsprechenden Beratung vorab.

APOTHEKEN VOR ORT – ein subjektive Auswahl für Mahé:
1) Behan’s Pharmacy – in der Nähe des Busbahnhofs in Victoria
2) D’Offay’s Pharmacy – im STC-Hypermarket an der südlichen Ausfallstraße, die raus aus Vicotoria führt – Bois de Rose Shopping Complex, geöffnet Mo.-Sa. 9.00 Uhr bis 19.30, Sonntag 9.00 bis 13.00 Uhr
3) Pharmacy in Eden Plaza – auf Eden Island
4) Pharmacy in Anse Royale – die Chefin heißt Amy und spricht auch Deutsch; was die Öffnungszeiten anbelangt, leider sehr unzuverlässig.
5) D’Offay’s Pharmacy – Palmont Centre Beau Vallon, geöffnet Mo.-Sa. 9.00 Uhr bis 19.30, Sonntag 9.00 – 13,00 Uhr

ACHTUNG: Alle Angaben ohne Gewähr! Keine Haftung für die hier gemachten Empfehlungen, die ausschließlich auf persönliche/individuelle Erfahrungen basieren. Subjektive Unterstützung und Beratungsleistungen bei der Zusammenstellung möglicher Medikamente wurden erbracht durch Marktapotheke Heiligenstadt.

Der wilde Süden von Mahé: In der Anse Forbans

22. Juli 2017

Mahé hat weitaus mehr zu bieten als den quirligen Norden mit Beau Vallon und Victoria. Tief im Süden ist die Welt nämlich noch ein Stück heiler, noch ein bisschen paradiesischer. Und ich meine da nicht die Traumstrände von Police Bay, Anse Intendance oder Takamaka. Nein, ganz im äußersten Südosten gibt es ein malerisches Fleckchen Erde, das seinesgleichen sucht. Noch… denn auch hier droht ein großes Neubau-Projekt, seit vor kurzem das Moratorium gefallen ist, das einstweilen großen Hotelbauten einen Riegel vorschob. Es ist also höchste Zeit, diesen zauberhaften Zipfel der Hauptinsel zu erkunden und einen Tag lang die Seele baumeln zu lassen. Das geht ganz einfach, denn zum perfekten Inselglück braucht man eigentlich nicht mehr als glasklares türkises Wasser, einen feinpudrigen Strand und die perfekte Kombination aus Fels, Palmengrün und einem beschützenden Bergmassiv im Rücken.

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Auf geht’s in die Anse Forbans!

Wer aus dem Norden kommt – sei es mit dem Bus oder dem Leihwagen – der merkt sehr schnell, dass es ab der Anse Royale ruhiger wird. Lauschiger sind die kleinen Buchten, mehr Wald kuschelt sich zwischen die Felsen und fließt in Bausch und Bogen hinab in das reinste Blau von Wasser und Himmel. Die Straße schlängelt und windet sich, wird enger und schmaler, passiert kleine Siedlungen von Bougainville und Anse Baleine, wo man versucht ist zu sagen: „Hier ist der Hund begraben“. – Aber der springt munter umher, zusammen mit seinen Freunden.

Nach ca. einer viertel Stunde Fahrt (gerechnet von Anse Royale/Straßenabzweigung Les Canelles) werden plötzlich die Farben intensiver, das Grün undurchdringlicher und das Blau eindringlicher. Es ist so schön hier, so friedlich! Wie muss es erst am Wasser sein?

Der Zugang zum Strand erschließt sich am einfachsten über das „DoubleTree Hilton“-Hotel, das architektonisch – sagen wir es mal ganz vorsichtig – äußerst gewöhnungsbedürftig ist. Es ist eher ein abweisender Klotz als ein luftig-leichtes Tropengebäude. Böse Zungen sprechen gar von einer Bausünde, andere behaupten, es ähnele einem Bunker oder gar Atomkraftwerk. Früher stand hier das bezaubernde Allamanda-Hotel, das den nostalgischen Charme der alten Inselzeit widerspiegelte. Aber wie man auch immer über die unterschiedlichen Baustile denken mag, wichtig ist eigentlich: Dahinter ist der Strand. Der lässt sich auch über die „Anse Forbans Chalets“ erreichen, oder ganz rustikal über einige kleine Trampelpfade, die sich zwischen den vereinzelten anderen privaten Anwesen hindurchschlängeln.

Und dann – endlich angekommen! Ich werde nie vergessen, als ich 1998 das erste Mal an der Anse Forbans stand und halblaut voller Demut sagte: „Mein Gott (und ich meinte Ihn wirklich), Mein Gott – schöner als jede Postkarte“. Und in der Tat: Unser Herrgott muss wohl einen ganz besonders glückliche Minute, ein glückliches Händchen gehabt haben, als er uns die Anse Forbans schenkte…

Nach rechts (also nach Süden) kommt ein weitgeschwungenes weißes Halbrund, das in einem grünen Gürtel endet, der die Anse Forbans von der kleinen, noch einsameren Anse Marie Louise trennt. Ein Fußweg dorthin lohnt sich allemal. Wer mag, kann den auch von der Hauptstraße nehmen: Bevor sie in einer starken Rechtskurve hinauf nach Quatre Bornes und schließlich an die Westküste führt, zweigt auf der linken Straßenseite, jedoch rechts neben bzw. hinter den „Anse Forbans Chalets“ ein kleines Sträßchen ab, das in einem unbefestigten Weg endet.

Doch es lockt erstmal nur das Meer!

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Nach links gewendet (also Richtung Norden) fällt der Blick auf ein mächtiges Granitmassiv mit markanten Steinformationen. Die schönste davon rankt sich rund um den „Birnenfelsen“, so habe ich dieses Arrangement genannt.

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Wenn für irgendeine Bucht das Adjektiv „malerisch“ passt, dann für die Anse Forbans. Doch das ist nur die eine, die vordergründig glänzende Seite der Medaille. Es gibt noch eine zweite, eine dunkle oder besser: eine im Dunkel der Geschichte liegenden Seite. Denn die Anse Forbans hat etwas Geheimnisvolles. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes die „Piratenbucht“, denn „forbans“ heißt »Pirat« auf Altfranzösisch – die Sprache, die damals im 18. Jahrhundert die ersten Siedler und Entdecker der Seychellen sprachen.

Man erzählt sich sogar, dass die Anse Forbans früher sogar mal »Piratenloch« genannt wurde, doch von einem Goldschatz keine Spur. Dafür glitzern Millionen Dia­manten auf den Wasserkämmen. Schwimmen ist hier nicht immer einfach, es gibt viele scharfkantige Steine, doch die bilden bei Flut kleine Badewannen, in denen es sich herrlich vor sich hindümpeln lässt. Vor zu vielen Standgästen wappnet sich die Anse Forbans noch mit einem anderem „Unterwasser-Trick“: Ein Paradies für Seeigel! Doch alles Schlechte hat auch immer etwas Gutes: Nie werde ich vergessen, als die direkten Nachbarn Mike und Tessie Ellinas uns eines Tages „Austern“ servierten. Das waren frisch geöffnete, von Stacheln befreite Seeigel, mit Saft von Limetten und bigarad (Bitter-Orange) beträufelt – himmlisch und besser als jede noch so trendige Sylter Auster.

Doch nichts ist schöner als ein einfaches Strandpicknick, das aus den Sekunden Minuten, aus Minuten Stunden und aus Stunden ganze Tage werden lässt -bis die Nacht auf ihren blauen Schwingen sanft über die Anse Forbans legt und heimlich still und leise der Mond emporsteigt…

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Adresse: Anse Forbans, Ostküste Mahé – im äußersten Südosten der Insel

Besonderheiten:
Länge: ca. 1 km; flaches Wasser,

Äußerst idyllisch, da perfekter Seychellen-Mix aus Palmen, Felsen und Strand. Sensationelle Foto-Motive! – Ideal  zum Faulenzen im Wasser bzw. Chillen im Meer, für Kinder (Badeschuhe wäre sinnvoll!) zum Planschen und für die Aktiveren auch zum Schnorcheln, aber auch bisweilen scharfkantige Steine, bei Ebbe eher etwas zum Strandwandern, Sonnenbaden und Picknicken, da gute natürliche „Schattenspender“ (Palmen, hohe Büsche); problematisch in den Monaten von Juni bis Oktober, da hier genau die Einfallschneise des Südost-Monsuns („vann swet“) liegt; d.h.: starke Winde, Seegras und Wellengang; ACHTUNG: Es kann auch in diesen Monaten zu gefährlichen Strömungen kommen, bitte vorsichtig sein und im Zweifel nicht hinausschwimmen!

Erreichbarkeit: vom Norden aus Victoria kommend mit dem Bus Richtung „Quatre Bornes/Takamaka via Anse Royale“; Fahrtdauer ca. 45 min aus dem Süden bzw. Südwesten z.B. von Takamaka aus kommend mit Bussen in ca. 20 min.,  einige Bushaltestellen direkt in der Bucht, z.B. fast unmittelbar am „Double Tree Hilton“-Hotel.

Unterkünfte: „Double Tree Hilton“-Hotel und „Anse Forbans Chalets“ – beides direkt am Strand, nördlich bzw. „am Eingang“ der Anse Forbans noch „Demeure de Cap Macon“, „Anse Forbans Beach House“ und jenseits der Straße „Captain‘ Villa“.

Verpflegung: kleinere Inder-Läden, Sortiment je nach Jahres/Tageszeiten, oftmals sind „samosas“ im Angebot, kleine Teigtaschen, die sich perfekt zu einem Beach-Picknick eignen. Nächster größerer „Supermarkt“ in Quatre Bornes (ca. 2 km über den Berg Richtung Westküste).

Restaurants: Im Hotel “Double Tree Hilton”, außerdem zwischen Anse Royale und Anse Forbans liegt “Surfer’s”, ein kleines Beach-Bistro direkt am Meer mit „Füßen im Sand“ – ein wunderschöner Platz wie aus dem Katalog!